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Pep Guardiola und Thomas Müller harmonieren immer besser miteinander.

© AFP

Thomas Müller und der FC Bayern München: Plötzlich ganz oben bei Pep

In der Vergangenheit wurde Bayerns Thomas Müller von Trainer Pep Guardiola ein klein wenig verschmäht. Das ist nun nicht mehr der Fall, wie das Champions-League-Spiel in Piräus deutlich machte.

Der Mann des Abends wollte mit seiner pinkfarbenen Trainingsjacke gerade in den Bus einsteigen, als einer der Letzten seiner Mannschaft, da tauchten vier jungen Griechen vor ihm auf. Die hatten sich irgendwie an der Absperrung vorbeiquetscht und baten nun um ein Erinnerungs-Selfie mit jenem Spieler, der Olympiakos Piräus soeben den Abend und den Einstieg in die Gruppenphase der Champions League verdorben hatte. Thomas Müller nahm sich auch dafür noch Zeit.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Männer große Fans des FC Bayern waren. Diesen Müller muss man als Anhänger anderer Klubs vielleicht nicht unbedingt mögen, aber auf jeden Fall bewundern. Er hat am Mittwochabend mit einem kuriosen Treffer, der eigentlich „eine sehr scharfe Flanke“ hätte werden sollen, wie der 26-Jährige zugab, den 3:0-Sieg und perfekten Champions-League-Auftakt der Münchner sieben Minuten nach der Pause eingeleitet. „Klassisch abgerutscht“, erklärte Müller seine Bogenlampe grinsend. In der Nachspielzeit verwandelte der Oberbayer dann noch einen Elfmeter zum 3:0, nachdem kurz zuvor der eingewechselte Mario Götze getroffen hatte.

Sechs Tore in der Bundesliga, zwei in der Champions League und drei zuletzt in der EM-Qualifikation Anfang September, in jeder Partie traf er mindestens einmal. „Das ist schon ein gutes Gefühl“, sagt Müller. Bei der Suche nach einer Erklärung musste Sportvorstand Matthias Sammer passen. „Phänomene sind, wie sie sind: etwas ganz Besonderes“. Müller sei „so gut, da gibt es keine Worte.“ Später auf der Dachterrasse des Intercontinental Hotels am Rande der Athener Innenstadt, wohin die Bayern zum traditionellen Mitternachtsbankett geladen hatten, genoss Müller vor allem das fantastische Ambiente. Auf der einen Seite war die beleuchtete Akropolis zu sehen, auf der anderen die auf Balkone des Hotels projizierten Köpfe der Bayern-Spieler. „Traumhaft“, fand er. „Aber wenn man gewonnen hat, ist alles super.“ Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge versuchte mit seiner Bankettrede, erst gar nicht ähnlich spektakulär zu sein wie die Location, sondern hielt sich kurz. Nur gut eine Minute dauerte die obligatorische Ansprache.

Kein Wort über Thomas Müller

Über Thomas Müller verschwendete der Klubchef vermutlich als Einziger an diesem Abend kein Wort. Den dürfte das aber kaum gestört haben, er kennt seinen Stellenwert im Verein, der erst im August eine magische 120-Millionen-Euro-Offerte von Manchester United für den Stürmer abgelehnt hatte. Müller rückte nach Bastian Schweinsteigers Abschied in der Hierarchie nach oben, intern und in der Öffentlichkeit. Auch bei Trainer Pep Guardiola scheint er mittlerweile höchste Wertschätzung zu genießen. Anders als in den vorangegangenen beiden Spielzeiten, als Müller in 96 Partien 51 mal ausgewechselt wurde, traf es ihn in dieser Saison bisher nur einmal, und das war am vergangenen Samstag gegen Augsburg in der 90. Minute, nachdem er gerade das Siegtor erzielte hatte.

Guardiola hat erkannt, dass Müller nicht immer überragend spielt, aber mit seinem unberechenbaren Stil jederzeit den Unterschied ausmachen kann – und dass manchmal intuitives Spiel erfolgversprechender ist als geplante, einstudierte Pass- und Laufwege. Am Mittwoch war Müller in der ersten Halbzeit gegen weit zurückgezogene, defensiv agierende Griechen kaum etwas gelungen. Aber dann kam die 52. Minute, und er verfolgte seine verunglückte Flanke „staunend. Jeden Meter, den der Ball geflogen ist, habe ich gedacht, der wird gefährlich. Und dann war er drin.“

Wegen Müller pfiff Guardiola im Karaiskakis-Stadion sogar seinen Lieblingsspieler Thiago zurück. Der hatte seinen Kollegen darum gebeten, den Elfmeter in der Nachspielzeit schießen zu dürfen. „Ich bin ja ein Mannschaftsspieler, und hätte nichts dagegen gehabt“, sagt Müller. „Aber dann kam das Signal vom Trainer, dass ich auf der Liste stehe.“ Ganz oben - und das endlich auch bei Pep Guardiola.

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