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Der Schwung ist zurück: Tiger Woods ist nach 877 Tagen wieder Weltranglistenerster.

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Tiger Woods: Der Außerirdische kehrt zurück

Vor vier Jahren begann der Absturz des Golfidols Tiger Woods, zwischenzeitlich fiel der 37-Jährige auf Platz 58 der Weltrangliste zurück. Mittlerweile ist Woods wieder Weltranglistenerster. In Augusta strebt er seinen 15. Majortitel an.

Er ist zurück. Dies ist sein Platz. Kein Major-Austragungsort ist ihm so vertraut wie dieser. Tiger Woods taucht ein in die Welt des Augusta National Golf Clubs. Das große Stahltor an der Washington Road öffnet sich, er fährt die Magnolia Avenue auf das weiße Südstaatenclubhaus zu. Er riecht den Duft der Azaleen, blickt auf das 18. Grün und weiß: Das Spiel kann beginnen.

Tiger Woods war von seinem Weg abgekommen, mehr als vier Jahre lang. So lang liegt sein letzter Major-Sieg zurück. Damals humpelte er mit schmerzverzerrtem Gesicht über den Platz von Torrey Pines und holte sich seinen 14. Major-Titel. Dann hatte die Jagd auf Altmeister Jack Nicklaus mit seinen 18 Major-Siegen ein Ende. Jetzt nimmt Woods beim US-Masters die Spur seines Landsmanns wieder auf. 3:1 stehen die Wetten bei den Buchmachern in Augusta für einen Sieg von Tiger Woods. Alles ist wie früher, die Welt des 37-Jährigen ist wieder heil.

Sechs Turniere hat der US-Amerikaner in den vergangenen zwölf Monaten auf der US-PGA-Tour gewonnen, mehr als Luke Donald oder Matt Kuchar – beide unter den Top Ten der Welt gelistet – im Verlauf ihrer ganzen Karriere. Er führt die Geldrangliste, das FedEx-Cup-Ranking und zwei Einzelstatistiken in den USA an, er ist zurück an Position eins der Weltrangliste. Wer hätte ihm so ein Comeback zugetraut?

877 Tage hat seine Rückkehr an die Spitze gedauert. Am 31. Oktober 2010 löste ihn Lee Westwood auf Platz eins Weltrangliste ab. Das Imperium des Tiger Woods war aus den Fugen geraten. Das Krankenbulletin des Hochleistungssportlers umfasste Achillessehnenprobleme, Knieschäden, diverse Operationen, Rehamaßnahmen. „Ich muss Geduld haben“, wiederholte der Patient gebetsmühlenartig. Aber wer wollte noch an diesen Körper glauben, dessen Rumpf sich zigtausendmal aufgedreht hatte, um anschließend mit Spitzengeschwindigkeit zurückzuschnellen und die Belastung auf die Knie zu übertragen.

Der Körper wackelte und der Schwung geriet aus den Fugen. Vier Jahre haderte Woods, den zwischenzeitlich auch noch sein Ehedrama samt Affären und die Trennung von seinem Caddie Stevie Williams beschäftigten, mit seinen verzogenen Drives, erlebte sportliche Niederlagen in Serie. Auf den ersten neun Löchern der Players Championship 2011 spielte er sechs über Par und verließ den Platz. Die Arbeit mit dem neuen Coach Sean Foley an seinem neuen Schwung war langwierig. „Sicher bin ich manchmal frustriert“, gestand er selbst ein. „Ich gehe raus und kriege es einfach nicht hin. Ich falle zurück in die alten Muster. Aber: Ich muss es eben einfach nur mehr üben.“ Es gab jedoch einige Experten, die ihm diesen Spruch nicht geglaubt haben. Schließlich wurde Woods im Herbst zwischenzeitlich auf Position 58 der Weltrangliste geführt.

Woods hat das Chaos hinter sich gelassen

Jetzt hat er all das Chaos hinter sich gelassen. Seit Wochen führt uns die PR-Maschinerie der Marke Woods einen neuen Superstar vor, der auch privat mit sich und seiner Welt im Reinen ist. „Golf ist nicht meine Priorität Nummer eins“, hat er nach seinem Sieg in Bay Hill gesagt und seine beiden Kinder ins Spiel gebracht: „Das sind meine beiden Kleinen.“ Davor blendete er die Welt mit einem Strahlemann-Twitter-Foto: Tiger Woods und Lindsay Vonn, der Golf- und der Skistar, ein Paar. Zwei Sportler mit gescheiterten Ehen, die eine mit Hang zu Depressionen, der andere mit Sex-Problemen. Wie haltbar die Beziehung auf Dauer ist, wird sich zeigen. Das US-Klatschmagazin „National Enquirer“ jedenfalls verkündete in der vergangenen Woche, Woods habe Vonn bereits mit seiner Ex-Frau betrogen. Fest steht, dass die Kombination Woods/Vonn die Tennis-Golf-Paarung Caroline Wozniacki/Rory McIlroy erst einmal überholt hat, was ihre Zugkraft in Beziehungsblättchen und Social-Media-Diensten anbelangt.

Der Kollege Rory McIlroy ist überhaupt leicht irritiert. Erstmals in seiner Karriere erlebt der 23-Jährige einen Tiger Woods in Hochform. Die Golflegende Arnold Palmer sagt: „Ich habe mir Tiger Woods angesehen, seit er ein kleiner Junge war, und habe ihn beim Großwerden beobachtet. Ich denke, sein Spiel ist vielleicht sogar noch besser, als es jemals war. Er ist im Reinen mit sich selbst. Er kann den Ball enorm weit schlagen. Er ist in seiner Herangehensweise sehr methodisch.“ Für Palmer ist klar: „Er ist mein Favorit in Augusta.“

Was ein Woods in Höchstform bedeutet, könnten Ernie Els oder Phil Mickelson erklären. Die erinnern sich mit größtem Unbehagen an die Jahre 2000 und 2001, als Woods die Welt des Golf scheinbar nach Belieben dirigierte. Im August 2001 sicherte er sich mit seinem Sieg in Augusta den „Tiger Slam“. Als erster Spieler in der Geschichte des modernen Golfs hielt er alle vier Major-Titel gleichzeitig. Begnadete Spitzenspieler wie Mickelson oder Els waren chancenlos.

Zwölf Jahre später ist Rory McIlroy der einzige Spieler, der in Sachen Talent und Spielfähigkeit an Woods heranreichen kann. Für den Nordiren wie für den Amerikaner gilt: In Bestform kann nur der eine den anderen schlagen. McIlroy versucht noch an diesem Wochenende eben dieser Bestform beim Turnier in Texas ein Stückchen näher zu kommen. Tiger Woods dagegen hat die erste Trainingsrunde in Augusta vergangene Woche bereits hinter sich gebracht. Seine Jagd auf den 15. Majortitel hat längst begonnen.

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