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Sport: Tiki-Taka hat kein Verfallsdatum

Spanien will weiterhin an seinem Stil festhalten

Es ist eine martialische Botschaft, die Fernando Torres da formuliert. „Wenn wir sterben, sterben wir mit unseren Ideen.“ Was der Siegtorschütze des EM-Finales 2008 damit ausdrücken will: Die Spanier wollen und werden ihren prägenden Stil nicht ändern. Jenes „Tiki-Taka“, das Synonym für Ballkontrolle und Ballzirkulation, für direktes, flaches Kombinationsspiel, bleibt für die „Seleccion“ das einzig wahre Mittel, um bei dieser WM zum Erfolg zu kommen.

So weit ist es nach dem ernüchternden Auftaktergebnis also gekommen. Das 0:1 gegen die Schweiz hat im Land des Europameisters tiefe Wunden hinterlassen. Fragen über die Effektivität des Kurzpassspiels kamen auf. Vor dem zweiten Gruppenspiel gegen Honduras geht es für Spanien nicht nur um den weiteren Turnierverbleib, sondern auch um seine fußballerischen Ideale. Deshalb versucht Fernando Torres, keine Panik aufkommen zu lassen. „Wir machen uns nicht verrückt, wir bleiben ruhig“, hat der Stürmer vom FC Liverpool versprochen. Der 26-Jährige, der wegen seines kindlichen Aussehens in Spanien nur „el Niño“, das Kind, genannt wird, musste wegen einer Meniskusverletzung mehrere Wochen pausieren und wurde im ersten Spiel gegen die Schweiz nur eingewechselt. Die Kraft für 90 Minuten reichte noch nicht. Ohne Torres fehlte es dem spanischen Spiel an Effektivität, David Villa allein gelang es nicht, die nötigen Räume für die nachrückenden Mitspieler zu schaffen. So blieb den Spaniern gegen die Schweiz lediglich die Gewissheit, auf dem Papier überzeugt zu haben: 63 Prozent Ballbesitz und 24:8 Torschüsse waren in der Statistik am Ende notiert – aber eben auch die zweite Niederlage unter Vicente del Bosque. Der Ex-Coach von Real Madrid verteidigt trotz der Niederlage die Idee der Spanier vom Spiel: „Ich habe meinen Spielern gesagt, sie sollen an das System glauben, das ihnen so viele Erfolge beschert hat“, sagte del Bosque am Samstag zu Reportern. „Wir müssen daran festhalten. Ich habe niemandem, der gespielt hat, etwas vorzuwerfen. Alle haben ihre Aufgaben gut erledigt.“

Doch ganz spurlos ist die Niederlage auch an del Bosque nicht vorbeigegangen. Nach dem Schlusspfiff des ersten Spiels wirkte er nachdenklich. Niederlagen waren auf Spaniens Weg zum ersten Weltmeistertitel nicht vorgesehen. Nur einmal hatte die Mannschaft unter del Bosque verloren – das war am 24. Juni des vergangenen Jahres beim Confederations Cup gegen die USA. Damals beim 0:2 in Bloemfontein hatte es die ersten sachdienlichen Hinweise gegeben, dass die Seriensieger der europäischen Qualifikation verwundbar sein könnten – nur ernst genommen hat sie wohl niemand. Del Bosque aber bewertet den Rückschlag nicht als Hinweis auf das Verfallsdatum seines Spielstils. „Wir haben den Lohn für unsere Anstrengungen nicht bekommen – so ist Fußball.“ Die Verteidigungstaktik der Schweizer wollte er gar nicht weiter bewerten, „auch das ist eine Art, Fußball zu betreiben“. Dass er davon nichts hält, war unschwer zu erraten. Del Bosque verschwieg aber, dass sein Team oft einen Schnörkel und Schlenker zu viel einlegte, vielen Aktionen der Zug zum Tor fehlte. Doch Hektik hat sich deswegen nicht im spanischen Lager verbreitet. Vorsorglich hat Angel Maria Villar, der Präsident des spanischen Verbandes, verbreiten lassen, dass sich im schlimmsten Falle nicht mal del Bosque Sorgen machen muss. „Es wäre kein Desaster, wenn wir nicht weiterkommen würden. Er bleibt auch im Falle des Scheiterns.“ Und mit ihm der spanische Stil auf Gedeih und Verderb.

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