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Sport: Timo Boll verliert gegen Chinas neuen Star

Der Deutsche scheitert bei den German Open im Tischtennis an dem 17-jährigen Ma Long und teilt sich den dritten Platz mit Zoltan Fejer-Konnerth

In den Satzpausen holte sich Ma Long jedes Mal so etwas wie eine Standpauke ab. Wie ein Schuljunge stand der 17-Jährige dann bei seinem Trainer, der wild gestikulierend auf den Tischtennisspieler einredete. Eigentlich war das nicht angebracht, denn der junge Chinese hat gegen Timo Boll praktisch alles richtig gemacht. Mit 4:1 besiegte der Junioren-Weltmeister gestern im Halbfinale der German Open in Magdeburg den Deutschen Weltranglisten-Zweiten und Titelverteidiger. Auch der zweite Deutsche im Halbfinale, Zoltan Fejer-Konnerth, verlor sein Spiel: 0:4 gegen den dreifachen Einzel-Europameister Wladimir Samsonow aus Weißrussland. Samsonow setzte sich dann im Endspiel gegen Ma Long mit 4:3 (6:11, 8:11, 11:3, 7:11, 11:5, 11:4, 11:9) durch.

Trotz seiner Halbfinal-Niederlage war Timo Boll zufrieden. Gegen den neuen Shootingstar Ma Long, der zuvor den WM-Halbfinalisten Oh Sang Eun (Südkorea) mit 4:2 entzauberte, hatte sich der Weltcup-Sieger allerdings mehr ausgerechnet. Nachdem er bereits bei den China Open gegen ihn verloren hatte, musste Boll nun aber einsehen: „Er war heute wieder einen Tick besser als ich.“ Auch die 4500 Zuschauer in der Bördeland-Halle konnten ihm nicht helfen. Herren-Bundestrainer Richard Prause glaubt indes nicht, dass sich Ma Long, der mit der europäischen Schlägerhaltung spielt, zu einem Angstgegner für Boll entwickeln wird. Woraufhin Boll konterte: „Mein Lieblingsgegner wird er aber auch nicht.“ Jedenfalls entwickelte sich der schüchterne junge Chinese, der für einen 17-Jährigen technisch und taktisch beängstigend komplett auftrat, zur Attraktion beim letzten internationalen Turnier auf deutschem Boden vor der Mannschafts-WM 2006 in Bremen. Zumal seine besten Landsleute Wang Liqin, Ma Lin und Wang Hao, die Boll beim Weltcup vor drei Wochen noch geschlagen hatte, in Magdeburg nicht dabei waren.

Für die zweite Attraktion sorgte dann wieder ein deutscher Spieler. Während Timo Boll bei den German Open nie ganz an sein spielerisches Limit reichte, gelang seinem ehemaligen Doppelpartner Zoltan Fejer-Konnerth mit dem mit Boll geteilten dritten Platz die große Überraschung. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Turnier“, kommentierte der 27-Jährige sein bisher bestes Pro-Tour-Ergebnis. Chef-Bundestrainer Dirk Schimmelpfennig glaubt sogar, dass bei Fejer-Konnerth nun „der Knoten geplatzt“ sei. Denn der ehemalige Doppel-Europameister galt lange Zeit als großes Talent, das nur seine Möglichkeiten bisher nicht ausschöpfen konnte. In der Bundesliga beim TTC Grenzau spielte sich der Rechtshänder dann in eine Krise hinein, die er jetzt in Magdeburg vielleicht beendet hat.

Von einer „positiven Entwicklung“ sprach dann auch Dirk Schimmelpfennig. Neben den beiden dritten Plätzen bei den Herren erfreute ihn auch die Achtelfinal-Teilnahme von Elke Wosik sowie Nicole Struse, die sogar noch eine Runde weiter kam. Die jüngeren Spielerinnen um Kristine Silbereisen konnten diesmal nicht auf sich aufmerksam machen. Allein die Viertelfinal-Teilnahme der Berlinerin Tanja Hain-Hofmann im Doppel mit der Ungarin Georgia Pota ist ein kleiner Erfolg. Trotzdem ist das deutsche Damen-Team insgesamt besser geworden: Vor zwei Wochen erhielt die gebürtige Chinesin Wu Jiaduo vom Bundesligisten FSV Kroppach einen deutschen Pass. Von der Spielstärke her ist sie automatisch Mitglied der Nationalmannschaft.

Jörg Petrasch[Magdeburg]

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