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Tischtennis-EM: Endspiel-Fluch besiegt

Timo Boll und seine Mitstreiter sind am Ziel ihrer Träume angekommen. Nach einer langen Durststrecke von 49 Jahren und fünf vergeblichen Anläufen bestiegen die Herren des Deutschen Tischtennis-Bundes erstmals Europas Thron.

Belgrad - Der souveräne 3:0-Sieg gegen Kroatien im Finale der Europameisterschaft in Belgrad krönte ein makelloses Turnier. Der historische Triumph löste bei den Aktiven grenzenlosen Jubel aus und wirkte für die Offiziellen wie die Befreiung von einem Fluch. Das EM-Gold für das Herren-Team fehlte dem Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) als einzige Auszeichnung.

Nach dem letzten Punkt durch Christian Süß (Düsseldorf) gab es kein Halten mehr auf der Bank. Trainer Richard Prause, Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig und das komplette Team mit Timo Boll, Jörg Roßkopf (beide Gönnern), Dimitri Owtscharow (Tündern) und Bastian Steger (Frickenhausen) stürzten in die Box und begruben den Matchwinner unter sich. Der 21-jährige Süß ("Die Statistik interessiert mich nicht") beendete ein Finale, in dem die DTTB-Vertretung ihrer Favoritenrolle gegen den Endspiel-Neuling Kroatien voll gerecht wurde und ein Jahr nach Platz drei bei der Mannschafts-WM in Bremen das große Leistungsvermögen bestätigte.

Jörg Roßkopf half von der Bank

"Je wichtiger das Spiel, desto normaler die Vorbereitung", lautete das Endspiel-Motto von Trainer Prause. Nach dem Vormittagstraining, Video-Analyse und Mittagessen im Hotel schenkte er wie beim 3:0 im Halbfinale gegen Polen dem Trio Boll, Owtscharow und Süß das Vertrauen. Routinier Roßkopf (37), der drei Final-Niederlagen miterlebt hatte und gerne gespielt hätte, nahm klaglos auf der Bank Platz. Von dort aus feuerte der Doppel-Weltmeister von 1989 und Einzel-Europameister von 1992 seine jungen Kollegen an.

Und die machten ihre Sache gut; Sportpsychologe Thorsten Weidig musste nicht eingreifen. Der Weltranglisten-Vierte Boll ("Ich will nicht wieder Silber gewinnen") glänzte gegen den Kroaten Zoran Primorac im Auftaktspiel nicht, legte aber mit einem glatten 3:0-Sieg den erwarteten Grundstein zum Erfolg. Youngster "Dima" Owtscharow zeigte erneut eine Klassepartie. Der 18-jährige EM-Neuling biss sich gegen den vermeintlich stärksten Kroaten Tan Ruiwu vom Bundesligisten Würzburg förmlich durch und gewann den packenden Fight mit 3:2.

Der Erfolg des jungen Niedersachsen bedeutete die Vorentscheidung. Sein künftiger Düsseldorfer Clubkollege Süß machte an Position drei mit einem 3:2 gegen Roko Tosic den Sack zu. Der Rotschopf bereitete damit auch DTTB-Präsident Thomas Weikert und Ehrenpräsident Hans Wilhelm Gäb eine Riesenfreude. Beide verfolgten auf der Tribüne unter den knapp 3000 Zuschauer ein Finale, das nicht immer hochklassig war, aber einen verdienten Sieger hatte.

Ungarn gewinnt Gold bei den Damen

Beim Damen-Finale, in dem Rekordsieger Ungarn durch ein 3:0 gegen Russland zum neunten Mal Europameister wurde, verloren sich knapp 500 Fans in der riesigen Belgrad Arena. "Die wenigen Zuschauer stören mich massiv", kritisierte DTTB-Chef Weikert das EM-Umfeld in der serbischen Hauptstadt. Die Europäische Tischtennis-Union (ETTU) feiert aber lieber sich selbst. ETTU-Präsident Stefano Bosi (Italien), per Akklamation im Amt bestätigt, setzte pünktlich zu Beginn des Herren-Endspiels eine Pressekonferenz an.

(Von Peter Hübner, dpa)

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