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© dpa

Tischtennis: Wie man einen Chinesen besiegt

Jörg Roßkopf wird im Sommer Bundestrainer und will die Deutschen näher an die Asiaten heranführen. Als Spieler erlebte er die europäische Vormachtstellung noch mit, ehe sich die Kräfteverhältnisse änderten.

Berlin - Jörg Roßkopf ist erst 40 Jahre alt, aber er hat schon ein längst vergessenes Zeitalter im Tischtennis erlebt. „Ich komme aus der Generation, in der die Asiaten noch Angst vor den Europäern hatten.“ Angst? Heute schicken die Chinesen Trainer ins Ausland oder laden Spieler ein, damit Europa überhaupt noch Anschluss halten kann. „Wir müssen die Schere wieder näher zusammenbringen“, sagt Roßkopf deshalb, und er wird bald mehr Einfluss bekommen, um selbst daran mitzuwirken. Im Sommer wird er Bundestrainer der deutschen Männer-Nationalmannschaft.

Den Nationalspielern wird Roßkopf dann sicher einiges erzählen über die alte Zeit. Vor 20 Jahren war das. Die Schweden lösten die Chinesen bei der Weltmeisterschaft 1989 in Dortmund als Nummer eins ab, und Roßkopf gewann zusammen mit Steffen Fetzner den Titel im Doppel. Ein paar Jahre hielt die europäische Vormachtstellung an. Doch inzwischen hat sich alles wieder umgedreht. „Es kann so nicht weitergehen, dass die Asiaten alle Titel einheimsen“, sagt Roßkopf. Wenn es mal kein Chinese ist, der ein Turnier gewinnt, dann ist es ein Japaner oder Südkoreaner.

Wie besiegt man einen Chinesen? „Ich weiß, wie es funktioniert“, sagt Roßkopf, „man muss sich sehr viel zutrauen, das will ich den Spielern vermitteln.“ Zurzeit ist der Hesse noch Assistenztrainer, im Sommer rückt er dann auf, weil der bisherige Bundestrainer Richard Prause nach Österreich wechselt und an der Tischtennis-Akademie des ehemaligen Weltmeisters Werner Schlager arbeiten wird. „Das hat finanzielle Gründe, aber er hat dann auch weniger Stress“, sagt Roßkopf. Prause hatte die deutsche Mannschaft zuletzt zu drei Mannschafts-Europameistertiteln hintereinander geführt, es waren die ersten Mannschaftstitel überhaupt für das deutsche Männerteam bei Europameisterschaften. Der Erfolgsdruck ist dadurch noch gestiegen.

Bevor Roßkopf als Cheftrainer beginnt, findet jedoch eine Abschiedstournee statt. Für die TG Hanau spielt der Olympiadritte von 1996 noch in der Bundesliga. „Ich muss als Spieler einfach aufhören. Es war schon grenzwertig, wenn ich da gegen die Nationalspieler gespielt habe, die ich am nächsten Wochenende bei einem Turnier betreuen sollte“, sagt Roßkopf. Komisch sei es ihm vorgekommen, als er kürzlich in der Liga auf Lars Hielscher traf, auch er ist Nationalspieler. „Wir hatten beide noch kein Einzel gewonnen, und ich wusste, dass er unbedingt einen Sieg brauchte“, erzählt Roßkopf. Doch absichtlich verlieren wollte er auch nicht, 3:2 besiegte er Hielscher und verbesserte damit nicht gerade das Selbstbewusstsein des Nationalspielers.

Ihm war es früher einmal andersherum passiert. Da musste er bei einem Turnier als aufstrebender Nationalspieler gegen Zlatko Cordas spielen, den langjährigen Betreuer des Nationalteams, der auch noch bei Roßkopfs Ausrüsterfirma arbeitete. Cordas verlor, „das hat ihm vielleicht vorher jemand gesagt“, glaubt Roßkopf, „denn er war damals besser als ich“.

Die Nationalspieler will Roßkopf jedoch so weit bringen, dass keiner mehr gegen ihn verliert. „Viel Training“ ist ein Vorsatz. „Wenn ich einige Einheiten weniger mache, dann kann mich das schon mal einen Sieg kosten“, sagt Roßkopf. Und der deutschen Nummer eins Timo Boll will Roßkopf endlich zu seiner ersten Einzelmedaille bei Olympia oder einer WM verhelfen. Am besten mit Siegen gegen die Chinesen.

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