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Sport: Tischtennis: Zu fiebrig für den WM-Titel

Ein glücklicher Finaltag beginnt anders. „Heute Morgen habe ich noch auf dem Hotelzimmer geweint, weil ich fast 39 Grad Fieber hatte und dachte, ich könnte gar nicht spielen“, erzählte Timo Boll.

Ein glücklicher Finaltag beginnt anders. „Heute Morgen habe ich noch auf dem Hotelzimmer geweint, weil ich fast 39 Grad Fieber hatte und dachte, ich könnte gar nicht spielen“, erzählte Timo Boll. Er hat es dann doch noch geschafft, mit seinem Doppelpartner Christian Süß das Endspiel der Tischtennis-WM in Schanghai zu bestreiten. Doch die Kraft hat nicht mehr dazu gereicht, den Chinesen in ihrem eigenen Land einen Titel abzunehmen. 1:4 unterlagen die beiden Kong Linghui und Wang Hao, 9000 Zuschauer sahen das Spiel im „Schanghai Gymnasium“. Auf dem Weg zur Pressekonferenz sank Boll mit einem Schwindelanfall zusammen und konnte erst nach 15 Minuten wieder aufstehen.

Als er sich etwas erholt hatte, war Boll mit Silber zufrieden. „Wir haben die Olympiadritten besiegt und dann die Olympiasieger. Wir haben vor enthusiastischen Zuschauern gespielt. Vielleicht war es das Turnier unseres Lebens.“ Herren-Bundestrainer Richard Prause sagte: „Weil Christian und Timo die Olympiasieger besiegt haben, glänzt diese Medaille für uns auch ein wenig golden.“ Der 24 Jahre alte Hesse Boll und der 19 Jahre alte Düsseldorfer Süß haben zwar den WM-Gewinn von Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner von 1989 nicht wiederholen können. Sie knüpften trotzdem daran an. Sie gewannen die erste deutsche Medaille bei einer Einzel-WM seit jenem Sieg. Für den Weltranglistenfünften Boll war die Medaille ein Trost für das Ausscheiden im Einzel. Im Achtelfinale hatte er gegen den Chinesen Liu Guozheng trotz zweier Matchbälle 3:4 verloren. „Es hat hier so viel Spaß gemacht, dass es mir leicht gefallen ist, über die Schmerzgrenze zu gehen.“

Nach dem letzten Ball standen die deutschen Spieler und Trainer allerdings noch länger an der Bande und hatten einiges zu besprechen. Der Schiedsrichter aus Singapur hatte Christian Süß gleich am Anfang des zweiten Satzes zwei Aufschläge hintereinander abgezählt, weil er den Ball mit der Hand verdeckt habe. Diese fragwürdige Entscheidung trug ihren Teil dazu bei, dass Boll und Süß nicht zu ihrem Rhythmus fanden. „Es muss nicht sein, dass man sich als Schiedsrichter im Finale so aufspielen muss“, sagte Süß. Auch Bundestrainer Prause hatte dafür kein Verständnis. „Im ersten Satz hat der Schiedsrichter Timo einmal verwarnt und ihn den Aufschlag wiederholen lassen. Christian hat er dagegen ohne Vorwarnung zwei Aufschläge abgezogen. Das ist nicht fair.“

Gegen Kong Linghui und Wang Hao, die WM-Zweiten von 2003, hatten Boll und Süß schon ihr erstes großes Finale verloren. Das war im September 2004 bei den China Open. Erst kurz vorher hatten die Bundestrainer entschieden, Boll und Süß zusammen spielen zu lassen, weil sie sich mit ihren Spielsystemen so gut ergänzen. Ihre große Stärke beim Sieg im Halbfinale gegen die Olympiasieger Ma Lin und Chen Qi war jetzt ihre Schwäche. Sie machten keine Punkte mehr im kurzen Spiel, sondern jede Menge Fehler. Süß aber weiß, dass die Enttäuschung weichen wird: „Wenn wir begriffen haben, was wir hier wirklich erreicht haben.“

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