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Mit Tempo ins Finale. Michael Knudsen (r.) besiegte mit Dänemark Spanien. Foto: Reuters

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Sport: Titel, Dänen, Triumphe

Trainer Wilbek führt seine Handballer ins Finale – und will heute gegen Frankreich die WM gewinnen

Berlin - Das eine war schierer Jubel. Als Ulrik Wilbek sich in der Kristianstad-Arena nach Abpfiff zum Fernsehinterview begab und schon vor der Kamera stand, da riss der Trainer der dänischen Handballnationalmannschaft plötzlich die Arme hoch und feierte mit den rot gekleideten Fans auf der Tribüne. Das andere war Fassungslosigkeit. Als dem 52-Jährigen allmählich bewusst wurde, dass sein Team mit dem 28:24-Halbfinalsieg gegen Spanien Historisches geleistet hatte, das erste dänische WM-Finale seit 1967, da schüttelte Wilbek nur den Kopf: „Es fühlt sich irgendwie unwirklich an.“

Der Mann aus Viborg hätte sich vor dem heutigen Endspiel der WM gegen den Titelverteidiger Frankreich (17 Uhr, live bei Sport 1) rühmen lassen können. Schließlich fügt er seiner beeindruckenden Medaillensammlung nun weiteres Edelmetall hinzu. Er war Mitte der neunziger Jahre Olympiasieger, Weltmeister und Europameister mit den dänischen Frauen, und als er die dänischen Männer nach dem 13. Platz bei der WM 2005 übernahm, da waren sie noch verhöhnt worden von der einheimischen Presse – nur drei Jahre später holte das Team bei der EM 2008 den ersten Männer-Titel.

Doch Wilbek betrachtete sich lediglich als Randerscheinung. „Das, was die Mannschaft auf dem Feld macht, hat nichts mit mir zu tun. Ich bin nur auf der Bank für die Wechsel zuständig. Die Spieler selbst haben das geschafft“, sagte er.

Damit stellte er erneut seine großen Fähigkeiten als Psychologe unter Beweis. Dass Wilbek diese Fähigkeiten auch in Krisenzeiten erfolgreich praktiziert, hatte er bereits 2008 bewiesen. Nachdem seine Spieler bei den vorangegangen Turnieren stets vorzeitig scheiterten, obwohl sie stets zu den Favoriten gezählt hatten, nahm er sie in die Pflicht. Wenn es in Norwegen nicht klappe, warnte er sein Team, dann sei nicht der Trainer Schuld, nicht die böse Presse und auch nicht womöglich ungünstige Schiedsrichterentscheidungen. Dann seien ausschließlich sie, die Spieler, dafür verantwortlich.

Während des Halbfinals gegen Spanien gelang es ihm, den wichtigsten Rückraumspieler Mikkel Hansen aufzubauen. Der 23-Jährige besaß in den ersten 30 Minuten offenbar zu großen Respekt vor Arpad Sterbik, dem Wundertorhüter Spaniens, weshalb ihn Wilbek in der Pause zur Seite nahm. „Ich habe ihm gesagt, dass er nicht daran denken soll, was die anderen machen, sondern er soll sich nur auf sich konzentrieren“, berichtete Wilbek später vergnügt – als Hansen seinen eher mickrigen zwei Treffern nach der Pause sieben Tore hinzugefügt hatte und Sterbik entnervt ausgewechselt worden war.

Wenn Wilbek seinen Anteil am Erfolg herunterspielt, dann ist freilich auch Koketterie dabei. Natürlich profitiert sein Team in Südschweden von dem Rückhalt der dänischen Fans, die heute in Scharen über die riesige Öresundbrücke nach Malmö fahren werden. Doch Wilbek hat sich einen Ruf als meisterhafter Taktiker, als gewiefter Stratege geschaffen.

In diesen Wochen staunt die Fachwelt über den technisch anspruchsvollen Hochgeschwindigkeitshandball, mit dem die Dänen hochkarätige Gegner wie Kroatien, Schweden und Spanien mit spielerischen Mitteln demontierten. Geist und Tempo schlagen Körper und Athletik, so hätte die Schlagzeile nach dem Halbfinale lauten können, denn eigentlich sind die Iberer den Skandinaviern physisch klar überlegen. Ob die Franzosen, körperlich noch stärker als die Spanier, dem atemberaubenden dänischen Angriffsspiel gewachsen sind, ist die spannendste Frage des heutigen Finales.

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