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Titel verteidigt: Klitschko vs. Johnson: Langweiler für Millionen

Witali Klitschko bleibt Schwergewichts-Champion - und ist wütend darüber, dass ihn sein amerikanischer Herausforderer Kevin Johnson während des ansonsten langweiligen Kampfes immer wieder provozierte.

Berlin/Bern - Nach dem Schlussgong kochte Witali Klitschko. Sein amerikanischer Herausforderer Kevin Johnson hatte den Schwergewichts-Champion mit vielen Mätzchen gereizt. „Da bin ich schnell dazwischen“, sagte Witalis Bruder Wladimir Klitschko. So blieb es beim einstimmigen Punktsieg Witalis (120:108, 120:108, 119:109) in einem zähen, langweiligen Gefecht vor 17 000 Zuschauern in der Arena von Bern. „Der hat mich die ganze Zeit provoziert. Ich war wütend“, schimpfte der WBC-Weltmeister. Nach Boxen sah die Darbietung nur selten aus, weshalb die Schweizer Zeitung „Blick“ titelte: „Klimbim in Bern“.

Klitschkos Trainer Fritz Sdunek winkte genervt ab: „So einen Feigling werden wir nicht noch mal boxen.“ Schon in der zweiten Runde war klar: Johnson wollte gar nicht gewinnen. „Der wollte bloß überleben“, sagte Sdunek. Über zwölf Runden trat der elf Zentimeter kleinere Amerikaner erfolgreich die Flucht an, tauchte mit dem Kopf fortwährend bis in Klitschkos Bauchhöhe ab, sodass dieser seine gefürchtete Rechte nie ins Ziel bringen konnte und häufig unbeholfen und einfallslos von oben herab auf Hinterkopf und Nacken des Rivalen drosch. Dazu redete Johnson unentwegt auf Klitschko ein und deutete immer wieder auf das eigene Kinn, das der Ukrainer doch nun endlich mal treffen möge. Kassierte er einen Treffer, lachte er Klitschko aus.

„Das war der unbequemste Gegner meiner Karriere“, sagte der 38 Jahre alte Titelverteidiger und bekannte: „Ich wollte eigentlich vorzeitig gewinnen.“ Johnson ist nach dem Deutschen Timo Hoffmann im Jahr 2000 erst der zweite Boxer, der Klitschko über die volle Distanz von zwölf Runden zwang. 37 seiner 39 siegreichen Kämpfe hat Klitschko durch K. o. entschieden. Doch diesmal war Klitschkos Kampfführung für einen Knockout zu statisch.

„Wer vorher eine so große Klappe hat, der muss einfach mehr bringen“, sagte Mittelgewichts-Weltmeister Felix Sturm über Johnson. Was hatte der Herausforderer im Vorfeld nicht alles für Tiraden abgefeuert: Klitschko sei „ein großer hässlicher Zombie“, „Dr. Frankenstein“, „ein Witz“. Er beherrsche „nicht die Hälfte von dem, was ich kann“ und „ich werde ihn nach neun Runden erledigt haben“. Auf der nächtlichen Pressekonferenz hatte Johnson sogleich eine Entschuldigung für seine Passivität parat: „Ich habe mir eine Ellenbogenverletzung zugezogen und konnte deshalb nicht wie geplant kämpfen.“ Mit gesundem Arm, so Johnson, hätte Klitschko schon „in der sechsten Runde dicke Augen“ gehabt.

Immerhin durfte sich der Verlierer mit rund 700 000 Euro trösten, Klitschkos Börse wird auf vier Millionen Euro taxiert. Die Frage, ob das Geleistete die Millionensummen wert sei, wollte Klitschkos Manager Bernt Bönte nicht beantworten. Darüber werden wohl die 11,16 Millionen TV-Zuschauer, die den Kampf verfolgten und damit für einen Einschaltrekord für Boxkämpfe seit dem Sieg von Wladimir Klitschko gegen Lamon Brewster am 7. Juli 2007 (11,21 Millionen) sorgten, sich ihre eigene Meinung bilden. Witali Klitschko stellte dem enttäuschten Publikum größeren Genuss in Aussicht. „Ich bin überzeugt, das nächste Jahr bringt uns attraktive Kämpfe“, sagte der Champion und forderte einen Titelverteidigungskampf mit dem britischen WBA-Weltmeister David Haye. „Den letzten Titel wollen wir auch noch in der Familie Klitschko haben.“ Tsp/dpa

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