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Sport: Tommi Evilä entschädigt Finnland

Helsinki - Tommi Evilä redete nicht viel über Finnland, dafür viel über sich selbst. „Ich glaube, dass die richtig guten Jungs immer noch eine Extraportion Glück haben“, sagte er.

Helsinki - Tommi Evilä redete nicht viel über Finnland, dafür viel über sich selbst. „Ich glaube, dass die richtig guten Jungs immer noch eine Extraportion Glück haben“, sagte er. Ohne ein unsympathischer Kerl zu sein, hält der 25 Jahre alte Weitspringer eine Menge von sich. Über sein Äußeres hat er sich einige Gedanken gemacht; links und rechts trägt er einen Ohrstecker, und seine dunklen Haare hat er zu einem Zopf gebunden, wie ihn sonst gerne Mädchen tragen. „Wenn ich mir selbst gefalle, dann springe ich auch gut“, sagte Evilä. Das hat er am Samstagabend getan, als er bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Helsinki die Bronzemedaille gewann, mit einem denkbar knappen Vorsprung: Einen Zentimeter sprang der Finne weiter als der Viertplatzierte Joan Lino Martinez aus Spanien.

Evilä hätte auch etwas über Finnland sagen können, schließlich wirkte seine Einzelleistung wie ein Rauschmittel auf ein ganzes Volk. Seine Vorstellung war wie ein Gutschein, den die 40 000 Zuschauer als Entschädigung dafür einlösten, dass es bei ihrer WM so viel geregnet hatte und den großen finnischen Hoffnungen, den Speerwerfern, kein Medaillengewinn geglückt war. Sein Erfolg fügt sich gut ein in die skandinavische Sportgeographie: „In Schweden gibt es gute Hochspringer und Dreispringer. Ich besetze eben die freie Stelle des Weitspringers.“

Als neuer finnischer Sportheld wollte sich Evilä jedoch nicht aufspielen. „Wenn wegen mir ein Kind mit dem Weitsprung anfängt, dann hätte ich schon etwas erreicht“, sagte er. Der 25-Jährige musste sich bei dieser Weltmeisterschaft wohl vor allem um sich selbst kümmern, sonst hätten ihn die Ansprüche des finnischen Publikums erdrückt. „Ich bin mein härtester Richter“, sagte er. Evilä hatte jedenfalls größte Erwartungen geweckt, nachdem er in der Qualifikation 8,18 Meter gesprungen war. Damit hatte er den 39 Jahre alten finnischen Rekord um zwei Zentimeter verbessert. Im Finale wäre er allerdings beinahe ausgeschieden, denn seine ersten beiden Versuche waren ungültig. Später gelang ihm ein Sprung auf 8,25 Meter, der jedoch wegen der starken Unterstützung durch den Wind nicht in die finnische Rekordliste aufgenommen wird.

Bis zu seinem 17. Lebensjahr hatte Tommi Evilä noch Fußball gespielt. Die Grobheit seiner Gegenspieler lenkte seine Konzentration dann aber ganz auf den Weitsprung. „Ich bin immer durch Fouls gestoppt worden. Wenn ich weitergespielt hätte, dann wäre sowohl meine Karriere als Fußballspieler wie auch als Weitspringer zu Ende gewesen“, sagte Evilä, der von seinem Vater trainiert wird. In den vergangenen Jahren plagten ihn viele Verletzungen, und bei großen Meisterschaften kam er deshalb nie über den vierten Platz hinaus. „Die Bronzemedaille ist deshalb wie ein Neuanfang für mich.“ Auf jeden Fall sei Weitspringen für ihn eine Herzenssache, erzählte Evilä und konnte das auch einleuchtend begründen. „Als kleiner Junge habe ich so viel Sand gefressen, dass ich immer noch Sand im Herzen habe.“

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