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Sport: Totes Rennen

Zweikampf um das Sulky-Championat geht weiter

Berlin. Jede Sportart hat ihre eigene Sprache. Und die ist manchmal gewöhnungsbedürftig. Schaut man auf die Fachausdrücke im Zusammenhang mit Trabrennen, dann passieren dort auf den ersten Blick schreckliche Dinge. Aber nur scheinbar: Dass zum Beispiel Pferde nach kräftezehrendem Rennverlauf auf der Zielgeraden einfach wegsterben, verwundert niemanden im Publikum. Es gibt auch keinen Aufschrei, wenn ein Sulkyfahrer erst im Pulk der Gegner eingeschlossen wird und dann zur Strafe an der Innenkante verhungert. Und falls ein Trabergespann außen herum viele zusätzliche Meter geht, dann wird diese falsche Taktik von den Kennern der Szene lediglich mit einem müden Achselzucken und dem Hinweis auf die unnötige Spur quittiert.

Nur, wenn der erbitterte Kampf zwischen den Konkurrenten auf der Sandpiste so dramatisch wird, dass selbst auf der Ziellinie kein Sieger auszumachen ist, dann reißt es die Zuschauer von ihren Sitzen. Totes Rennen nennen sie das. Jetzt haben die Traberfans eines, das sie wohl noch bis zum Saisonende am 31. Dezember beschäftigen wird: Die Fahrer Manfred Zwiener und Michael Hönemann liegen mit jeweils 159 Siegen exakt auf gleicher Höhe.

Die beiden gestalten jedes Aufeinandertreffen als ein persönliches Duell. Am vergangenen Sonntag waren sie auf der Trabrennbahn Mariendorf in sieben von neun Profirennen vorn. Und heute geht der Zweikampf in Karlshorst schon in die nächste Runde. Ab 18.30 Uhr treten Hönemann und Zwiener viermal direkt gegeneinander an. Insgesamt werden neun Prüfungen ausgetragen.

Seit gut zehn Jahren beherrschen die beiden Kontrahenten ihre Berliner Gegner. Das Duell zwischen Zwiener und Hönemann erinnert an den großen Zweikampf der Sulky-Legenden Gerhard Krüger und Eddy Freundt in der 50er Jahren. Deren Dominanz war damals so groß, dass die Zuschauer sie liebevoll „Kaffee und Kuchen“ nannten. Denn wo Gerhard Krüger im Rennen lag, da war auch Eddy Freundt nicht weit. Heute ist es genauso: Immer, wenn der offensiv eingestellte Hönemann seinen Angriff startet, klebt der Defensivkünstler Zwiener wie ein Schatten an ihm. Bislang behielt Hönemann dabei allerdings zumeist die Oberhand. Neunmal holte er sich den Titel, nur im Championatskampf 1999 musste er seinen Verfolger passieren lassen. Dafür revanchierte sich Zwiener in der Saison 2000 mit dem Sieg bei den Europameisterschaften.

Eines hat sich in den ganzen Jahren des spannenden Duells zwischen beiden aber nicht geändert: Trotz ihrer großen Konkurrenz auf der Piste sind sie privat stets Freunde geblieben. Absolute Fairness attestieren sie sich ohnehin gegenseitig. „Egal, wie hart es abgeht, Michael greift immer zu sauberen Mitteln“, sagt Manfred Zwiener über seinen Kontrahenten. Und Hönemann ergänzt: „Was den sportlichen Bereich anlangt, hat es in all den Jahren praktisch nie einen richtigen Knatsch zwischen uns gegeben.“

Das Aufeinandertreffen am heutigen Abend in Karlshorst will Michael Hönemann aber unbedingt für sich entscheiden. Dort soll es auf keinen Fall ein totes Rennen geben. Denn der nächste Sieg ist für Hönemann exakt die Nummer 3700 in seiner Sportlerkarriere.

Heiko Lingk

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