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Spanien vor Spanien. Alberto Contador (links) und Luis-Leon Sanchez.

© dpa

Tour de France: Bei der Radsportnation Spanien fährt der Makel mit

Drei Spanier haben sich unter den Top Ten platziert. Alberto Contador übernahm am Montag sogar das Gelbe Trikot des Führenden. Diese Dominanz weckt Verdacht.

Die Pyrenäen sind ein gutes Pflaster für Spanier. Alberto Contador reißt hier das gelbe Trikot an sich, weil er einen Kettenschaden seines größten Kontrahenten Andy Schleck für sich nutzt und wie der Blitz den Port de Bales hinauf- und wieder hinunterjagt. Sein Landsmann Samuel Sanchez macht die wilde Jagd mit. Er festigt seinen dritten Platz im Gesamtklassement und rückt dem schlechten Zeitfahrer Andy Schleck noch ein bisschen näher. Der enttäuschte Luxemburger wertete das Verhalten seiner Konkurrenten als unfair. „Wer mich kennt, der weiß, ich hätte nicht angegriffen“, sagte er kurz nach der Zieldurchfahrt. „Ich würde nicht auf diese Art und Weise die Tour gewinnen wollen.“ Contador sieht dies – natürlich – anders: „Das Rennen war in vollem Gange. Da hätte niemand bremsen können.“

Er erwähnte auch die Vorteile, die Schleck zu Beginn der Rundfahrt genossen habe. „Nach seinem Sturz auf der zweiten Etappe haben wir alle auf ihn gewartet. Auf der Kopfsteinpflasteretappe, als ich einen Defekt hatte, hat niemand für mich angehalten“, sagte der Spanier. Trotzdem verscherzte er sich alle Restsympathien, als er glauben machen wollte, er hätte den Defekt von Schleck gar nicht bemerkt. „Ich war schon vorn, als ich davon erfuhr“, sagte Contador. Das ist eine Art der Wahrheitsbiegung, die schwer an die Art erinnert, mit der die Justiz und die Sportbehörden Spaniens die Fuentes-Affäre im Sande verlaufen lassen.

Ergebnismäßig stehen die Spanier momentan noch prächtiger da als zu den Hochzeiten des Arztes Eufemiano Fuentes. Damals bildeten sie schon eine Phalanx in den Top 20 der Gesamtwertung. 2010 sind sie mit sechs Leuten unter den besten 20 wieder die stärkste Nation. Eine neue Qualität ist, dass sie mit Contador auch den Gesamtführenden stellen.

Spanische Journalisten werden ärgerlich, wenn man die Performance ihrer Lieblinge vor dem Hintergrund der Fuentes-Affäre betrachtet. „Doping ist eine globale Angelegenheit“, sagt Carlos Arribas von der Tageszeitung „El Pais“. Seiner Ansicht nach ist vielmehr eine besondere spanische Radsporttradition für die Erfolge verantwortlich: „In Spanien gibt es kaum Sprinter und kaum reine Klassikerfahrer. Die großen Rundfahrten haben eine viel größere Bedeutung. Schon bei den Jugendlichen werden vor allem die Kletterer gefördert. Außerdem sind wir Spanier an die Hitze gewöhnt.“ Arribas verschweigt freilich, dass die so sorgsam geförderten Kletterqualitäten durch Epo- Doping noch ganz besonders gesteigert werden können.

Die Sorge, dass Manipulation eine Rolle spielt, bleibt. Im Gegensatz zu Italien, wo eine konsequente Antidoping-Ermittlung in monatlichem Rhythmus zu Razzien und zur Enttarnung von Dopern führt, gehen die Verantwortlichen des spanischen Sports eine unheilige Allianz mit ihren Stars ein. Sie betrachten sie als Exportschlager im globalisierten Radsport. Nach Contadors umstrittener Attacke wird man auf eine neuerliche publizistische Schützenhilfe nicht lange warten müssen.

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