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© dpa

Tour de Ski: Die ganze oder nur die halbe Tour?

Die Tour de Ski findet erstmals vor Olympischen Spielen statt – das stellt Langläufer Tobias Angerer vor wichtige Entscheidungen.

Den ersten Weihnachtsfeiertag hat Tobias Angerer in der Loipe irgendwo zwischen Seegatterl und der auf 1160 Metern gelegenen Winklmoosalm verbracht. „Ich habe Tempoläufe gemacht“, berichtet der deutsche Langläufer, „kürzere Läufe am Berg, damit ich die Spritzigkeit bekomme.“ Wer so ein Weihnachtsfest in der Loipe für ungewöhnlich hält, sollte sich mal sein Silvesterprogramm anhören: „Wir werden um Mitternacht auf das neue Jahr anstoßen und dann um halb eins ins Bett gehen.“ Klingt langweilig, doch Tobias Angerer sagt: „Nach der Karriere ist noch genug Zeit, um Silvester richtig zu feiern.“

In dieser Saison gibt es Wichtigeres für den 32 Jahre alten Langläufer. Zum Beispiel die Tour de Ski, die am ersten Januar in Oberhof (17 Uhr, live im ZDF) mit dem Prolog startet. „Mein Ziel ist es, vorne mitzulaufen und meine Form über die zehn Tage rüberzubringen“, sagt Angerer, „man muss sich bei der Tour de Ski auf jeden Tag konzentrieren, der größte Fehler wäre es, wenn man schon an die Zielankunft in Alpe Cermis denkt.“ Jener steile, über 425 Höhenmeter führende Schlussanstieg in Val di Fiemme raubt den Langläufern nach zehn Tagen die letzten Kräfte. Weshalb Angerer diesen womöglich gar nicht mehr miterleben wird.

Erstmals liegt die vor drei Jahren ins Leben gerufene Tour de Ski vor Olympischen Spielen. Und ein Medaillengewinn in Vancouver hat für Tobias Angerer eindeutig Vorrang. „Bei der Tour de Ski werden dem Körper mit acht Wettkämpfen und Reisestress große Herausforderungen gestellt“, sagt er, „man muss versuchen, dass man danach genügend Erholung hat.“ Soll heißen: Wenn er die Tour de Ski bis zum Ende mitlaufen sollte, wird er die zwei folgenden Weltcupstationen in Europa auslassen, um sich für Olympia zu regenerieren. „Nach Oberhof werde ich ein erstes Fazit ziehen“, sagt Tobias Angerer, „wenn ich in einer Position bin, in der ich angreifen kann, werde ich alles versuchen.“ Eine kleine Tendenz zum Weiterlaufen hat er aber schon. „Ich sehe die Tour schon auch unter dem Gesichtspunkt: Wettkämpfe sind das beste Training“, sagt er.

Als Achtplatzierter im Gesamtweltcup hat Tobias Angerer aus deutscher Sicht bisher noch am ehesten überzeugt. Zuletzt gelang ihm in Rogla im klassischen Sprint ein überraschender zweiter Platz. Jens Filbrich liegt nur auf Rang 29 im Gesamtweltcup, Axel Teichmann und Rene Sommerfeldt gar nur auf Rang 47 und 61. Tobias Angerer sieht die deutschen Langlauf-Männer trotzdem auf einem guten Weg. „Nach den hohen Trainingsumfängen war bei uns am Anfang die Müdigkeit da“, sagt er. In den Jahren zuvor hatten die deutschen Langläufer oft Frühform gezeigt und anschließend geschwächelt. „Jetzt versuchen wir es mal anders“, sagt Tobias Angerer. Die Kritik an den bisher fehlenden Ergebnissen müsse man ertragen. „Bei mir selber läuft es besser und besser, ich bin ganz entspannt“, sagt er, „bei Olympia wird abgerechnet.“

Dort will Tobias Angerer wieder mit einer Medaille heimkehren, wie schon von den Spielen in Salt Lake City (Staffel-Bronze) und Turin (Staffel-Silber, Bronze über 15 Kilometer im klassischen Stil). Ihm fehlt zwar noch eine Goldmedaille, doch überhaupt eine Olympiamedaille wäre bereits ein großer Erfolg für ihn. „Das ist schon ein tolles Gefühl, andere schaffen das nie“, sagt er, „für Gold gehört auch Glück dazu.“

Sein privates Glück hat Tobias Angerer im Oktober gefunden, als er seine Freundin und Mutter seiner einjährigen Tochter, die ehemalige Biathletin Romy Gross, heiratete. „Die Hochzeit war etwas Einmaliges, eine Riesenmotivation“, sagt er, „man schwebt auf Wolke sieben.“ Anschließend ging es für ihn allerdings gleich wieder ungewöhnlich weiter. In der Zeit, in der andere Paare in die Flitterwochen aufbrechen, verabschiedete er sich von seiner Frau. Und fuhr ins Trainingslager.

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