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Edmund Becker

© ddp

Trainer Edmund Becker: "Der Klassenerhalt hat weiter Priorität"

In der Hinrunde sorgte nicht etwa der FC Bayern oder ein anderer Großklub für Aufsehen, sondern Aufsteiger Karlsruhe SC wirbelte die Liga kräftig durcheinander. Im Interview mit Tagesspiegel.de spricht Trainer Edmund Becker über sein Erfolgsgeheimnis.

Herr Becker, am 11. Januar geht es ab ins Trainingslager nach Belek in die Türkei. Sind Sie mit der derzeitigen Vorbereitungsphase zufrieden?

Es läuft alles ganz planmäßig und ohne größere Komplikationen. Kleinere Blessuren bei Spielern gibt es schon, aber das ist ja völlig normal in einer Vorbereitung.

Als Trainer durchleben Sie gerade Ihr erstes Jahr in der Bundesliga. Ist man da besonders nervös vor einem Spiel?

Eine gewisse Nervosität gehört dazu, aber die ist nicht extremer als die in der 2. Bundesliga. Das Medienaufkommen und die Stadien sind sicherlich größer, aber es gibt keine Unterschiede bei der Spielvorbereitung und der Arbeit mit der Mannschaft.

In der Hinrunde sorgte der KSC mächtig für Furore. Haben Sie für sich selber einmal Revue passieren lassen, was in den ersten 17 Spieltagen passiert ist?

Natürlich war das ein Thema. Es war schon eine überragende Vorrunde, die der KSC in der Bundesliga abgeliefert hat.

Aber erwartet haben Sie dies sicher nicht.

Nein, bestimmt nicht. Wir haben uns alle hier auf die 1. Bundesliga gefreut, aber wussten nicht, was auf uns zukommt. Anfangs hat man dies auch gespürt, eine gewisse Verunsicherung war vorhanden. Aber nach den ersten Erfolgserlebnissen, vor allem dem tollen Start in Nürnberg, hat die Mannschaft immer mehr Selbstvertrauen aufgebaut. Sie zeigte sehr guten Fußball. Für unseren erfolgreichen Start war also nicht nur die Euphorie, sondern auch die Qualität der Mannschaft ausschlaggebend.

Nicht nur der KSC steht nach dem grandiosen Auftakt im Rampenlicht, sondern auch Sie. Bei einer Abstimmung unter Bundesligaspielern wurden Sie zum Gewinner bei den Trainern gekürt. Wie gehen Sie mit diesem neuen Rummel um Ihre Person um?

Es ist immer angenehm, wenn man Anerkennung für seine Arbeit erhält. Das ist in jedem Beruf so. Aber ich weiß auch, wie abhängig man dann von den Ergebnissen der Mannschaft ist. Darum geht es ja auch. Wenn das Team nicht gut gespielt hätte, dann wäre solch ein Abstimmungsergebnis nicht zustande gekommen. Doch es ist wesentlich angenehmer so etwas zu lesen, als eine Schlagzeile wie "Becker steht vor dem Rauswurf".

Wie sieht es bei den Spielern aus? Achtet man als Trainer auf deren Verhaltensweisen, um zu sehen, ob der eine oder andere wegen des sportlichen Höhenfluges abgehoben ist?

Ja, das ist auch eine der Hauptaufgaben eines Trainers. Ich beobachte die Spieler und das Gefüge, achte auch darauf, wie sich der einzelne Spieler verhält. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt für Erfolg oder Misserfolg.

Der Klassenerhalt hat sicherlich noch immer Priorität.

Wir wollen unser ausgegebenes Ziel von 40 Punkten erreichen. Das hat solange Priorität, bis wir es auch geschafft haben.

Und wenn die 40 Punkte frühzeitig fix sind?

Dann kann man sich über höhere Ziele Gedanken machen.

Der Bonus der Unbekümmertheit wird in der Rückrunde geringer werden, denn die Gegner werden sich auf Ihren Klub besser einstellen. Angst vor einem Einbruch?

Grundsätzlich nicht. Unsere Gegner werden uns sicher aufmerksamer beobachten und teilweise anders an die Spiele rangehen. Für uns geht es jedoch auch darum, die Leistung aus der Hinrunde zu bestätigen.

Beschreiben Sie uns doch bitte Ihr Erfolgsgeheimnis gegen die Großen der Liga.

Der wichtigste Punkt hierbei war, dass im Verein Ruhe eingekehrt ist. Jeder hat hier das gleiche Ziel vor Augen. Man will etwas erreichen, Erfolg haben und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, wenn es einmal nicht so gut läuft. Im personellen Bereich haben wir uns ebenfalls stark verbessert. Die Neuen, die bei ihren früheren Klubs nicht so dominant waren, haben sehr gut zu uns gepasst.

Beim KSC haben sich in der Hinrunde mehrere Spieler besonders positiv hervorgetan, wie beispielsweise Tamas Hajnal, Michael Mutzel oder Mario Eggimann. Machen Sie sich Sorgen, dass am Saisonende die Konkurrenz anklopft?

Die Gefahr, dass tolle Leistungen von einzelnen Spielern Begehrlichkeiten in anderen Vereinen wecken, ist doch ganz klar. Man hat dann natürlich auch Sorge, dass solch ein prima Gefüge auseinander fällt. Wir versuchen jedoch mit unseren Möglichkeiten diese Gruppe zusammen zu halten.

Die Winter-Transferperiode endet am 31. Januar. Planen Sie Neuzugänge?

Unsere Mannschaft hat gut funktioniert. Die Energie sollte man dahingehend verwenden, sich mit den eigenen Spielern zu beschäftigen. Es ist viel wichtiger, dass sie physisch und mental fit sind.

Keeper Markus Miller ist nach seinem Kreuzbrandriss wieder im Training.

Ich bin froh darüber, dass Miller wieder im Training ist. Die Torwartfrage brauchen wir also nicht zu stellen.

Wo sehen Sie den KSC am Saisonende?

Das ist schwer zu sagen. Wenn wir unsere Leistung bestätigen können, dann kann es ein einstelliger Tabellenplatz werden. Aber wenn wir Verletzungen, Formtiefs oder Spieler haben, die sich mit anderen Vereinen beschäftigen, dann könnten wir Probleme bekommen, den erfolgreichen Fußball aus der Hinrunde zu wiederholen.

Sie sind ein badisches Urgestein. Könnten Sie sich dennoch in Zukunft einen Wechsel vorstellen?

Mein absolutes Ziel ist es, mit dem KSC noch für eine lange Zeit und in dieser Form gemeinsame Wege zu gehen. Aber die Frage will ich nicht unbedingt mit einem kategorischen Nein beantworten. Man sollte im Fußball nichts ausschließen.

Das Interview führte Hakan Uzun

Edmund "Ede" Becker wurde 1956 in Reichenbach geboren. Er spielte zwischen 1977 und 1986 für den KSC und absolvierte 94 Erst- und 63 Zweitligaspiele. Danach war er fünf Jahre für seinen Heimatverein TSV Reichenbach aktiv. Als Jugendtrainer kehrte er dann zum KSC zurück. Schließlich wurde er im Januar 2005 zum Cheftrainer ernannt und stieg im Sommer 2007 mit dem Verein in die Bundesliga auf.

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