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Trainingslager: Herthas Kampf gegen höhere Mächte

Hertha BSC ist trotz vieler Rückschläge zuversichtlich für die in einer Woche beginnende Rückrunde. "Die Mannschaft ist in einem sehr guten Zustand", sagt Trainer Funkel.

Wenn sich die Temperatur dem Nullpunkt nähert, geht auch auf einer Sonneninsel der Dauerregen über in ein weihnachtliches Element. Die Felskuppen rund um die Cuitat Esportive im Norden Mallorcas sind weiß gepudert, weiter unten reicht es noch für ein bisschen Schneeregen. Das kommt so oft nicht vor und passt doch irgendwie zur Situation von Hertha BSC. Beim Üben auf der Anlage von Real Mallorca wollten die Berliner für eine Woche dem Wetter in der Heimat entkommen. Aber die höheren Mächte sind nicht mit ihnen. Weder unten beim Fußball noch oben in den Wolken.

„Für das Wetter können wir nichts“, sagt Friedhelm Funkel. Herthas Trainer ist in diesen Tagen nicht gerade ein Muster rheinländischer Jovialität. Wer Funkel auf dem Trainingsplatz anspricht, erlebt ihn mürrisch und kurz angebunden. Man kann das als schlechte Laune deuten oder als Zeichen höchster Konzentration, wahrscheinlich ist beides richtig. Funkel hat im Pressespiegel Berichte gelesen über das vermeintliche Chaos im Vorbereitungsquartier, was er selbstredend für völligen Blödsinn hält: „Die Bedingungen sind optimal, genau so, wie ich sie erwartet habe.“ Das Seminar auf Mallorca habe seinen Sinn erfüllt, „die Mannschaft ist in einem sehr guten Zustand“, er sehe daher auch kein sportliches Problem, mal abgesehen vom großen Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz. Zehn Punkte wollen erst einmal aufgeholt werden. Aber das wussten sie ja schon vor der Abreise.

Am Samstag hat Funkel seine Mannschaft einem letzten Test unter Wettkampfbedingungen unterzogen. Im Schneeregen auf dem Trainingsplatz nördlich von Palma reichte es nur zu einem 1:1 gegen den FSV Frankfurt, den Drittletzten der Zweiten Liga. Herthas Kapitän Arne Friedrich, ein Freund eher moderater Formulierungen, monierte schwere Fehler im Abwehrverhalten, „in der Bundesliga wird so etwas noch schwerer bestraft. Das war einfach zu wenig, so ein Spiel müssen wir gewinnen.“ Der von Raffael erzielte Führungstreffer entsprang dem ersten Berliner Torschuss, und das fünf Minuten vor der Pause. Friedhelm Funkel aber hatte „ein durchaus gutes Spiel gesehen“. Er lobte ausdrücklich seinen neuen Stürmer Theofanis Gekas, der ein Abseitstor schoss und noch zu gut zehn weiteren Gelegenheiten an den Tücken dieser verflixten Regel scheiterte, „aber ein paar Mal war es hart an der Grenze“, befand der Trainer. „Wo er ist, da wird es gefährlich.“

Wie der Grieche Gekas gehörten auch der Tscheche Roman Hubnik und der Georgier Lewan Kobiaschwili zur Startbesetzung. Sie entspricht wohl weitgehend der Mannschaft, die am Samstag zum Rückrundenstart in Hannover auflaufen wird. Nachfragen bei Funkel erübrigen sich, „ich habe meine Aufstellung schon im Kopf“, aber da bleibt sie auch. Kobiaschwili stellt sich mangels Alternativen als linker Verteidiger von selbst auf. In den Testspielen fiel er schon mal deshalb positiv auf, weil er nicht annähernd so viele Fehler machte wie sein Vorgänger Nemanja Pejcinovic. Hubnik spielte klug und modern in der Innenverteidigung, ermöglichte aber nach einer Stunde mit seinem einzigen Fehler den Frankfurter Ausgleich durch Gjalusa.

Der eigentliche Gewinner der Vorbereitung könnte Florian Kringe sein. Manager Michael Preetz nennt ihn gern Herthas vierten Neuzugang, weil er sich gleich bei seinem ersten Einsatz für die Berliner so schwer verletzte, dass er für ein paar Monate ausfiel. Auf der rechten Seite der Mittelfeldraute spielte Kringe auf Mallorca so selbstbewusst und dynamisch wie zu seinen guten Zeiten in Dortmund. „Florian ist hundertprozentig fit und bereit“, sagt Funkel. Auch der Brasilianer Cicero, eine der großen Enttäuschungen der Hinrunde, nähert sich auf der linken Seite seiner Form der vergangenen Saison. Herthas beste Spieler verantworteten das zentrale Mittelfeld. Im ersten Test gegen die zweite Mannschaft von Real Mallorca war es der offensive Brasilianer Raffael, am Samstag gegen Frankfurt der defensive Schweizer Fabian Lustenberger.

Gleich nach dem Kick schickte Funkel seine durchnässten Spieler zur Regeneration in die Sauna. Nichts wird dem Zufall überlassen, keine Minute bleibt ungenutzt. Das erste Krafttraining findet schon vor dem Frühstück statt, nur der sonst übliche bunte Abend fand dieses Mal keine Aufnahme ins Programm. Noch bis kurz vor dem Rückflug nach Berlin am Montag wird Funkel seine Mannschaft durch den mallorquinischen Regen scheuchen. Es wird wohl eine ungemütliche Angelegenheit bleiben. Der spanische Wetterdienst hat für die kommenden Tage für Mallorca eine Sturmwarnung herausgegeben.

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