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Sport: Traum nach langer Nacht

Die Atlanta Hawks holen Dennis Schröder in die NBA.

Berlin - Dennis Schröder schlug sich die Nacht mit Fußball um die Ohren. Um die Wartezeit zu verkürzen, wechselte der Basketballer an der Videospielkonsole die Sportart. Nach Mitternacht wurde dann auf dem Flachbildschirm umgeschaltet, zum amerikanischen Sportfernsehen. Um 3.20 Uhr deutscher Zeit war es so weit: Der Ligachef las Schröders Namen vor, die Atlanta Hawks verpflichteten den 19-Jährigen an der 17. Stelle des Drafts, er wird nun tatsächlich NBA-Spieler. Im Jugendzimmer in Braunschweig sprangen Freunde und Familie vom Sofa auf, bejubelten und umarmten Dennis Schröder.

„Ein unglaubliches Gefühl, ein Traum ist wahr geworden“, sagte er dem Kamerateam des Deutschen Basketball-Bundes (DBB), das alles filmte. Seit Dirk Nowitzki 1998 an achter Stelle verpflichtet wurde, hatte sich kein Team mehr so früh die Transferrechte an einem Deutschen gesichert. Ein Vertrag in der besten Liga der Welt ist garantiert. Schröders Ziel ist es, schon ab nächster Saison dort zu spielen statt vorerst weiter in Europa.

Dass Atlanta zuschlug, kam etwas überraschend. Denn Schröder hatte sich bei sechs Teams mit Probetrainings vorgestellt, aber nicht bei den Hawks. Nun wollen sie den Aufbauspieler so schnell wie möglich in die USA holen. „Dennis ist ein hartnäckiger Verteidiger, hat eine gute Geschwindigkeit und Energie“, begründet Atlantas Manager Danny Ferry die Verpflichtung des Wunschspielers. „Wir denken, dass er eine gute Karriere haben kann, wenn er sich entwickelt und die Gelegenheit dazu bekommt.“ Bei den Hawks könnte er sie bekommen. Atlanta gehört zu den besseren Teams im Osten der NBA, qualifizierte sich ohne große Stars sechs Jahre in Folge für die Play-offs. Doch vor der kommenden Saison steht ein Umbruch an, die Verträge der Spielmacher Jeff Teague und Devin Harris laufen aus, das könnte Schröder Spielzeit bescheren. Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks übergingen Schröder, aber wollten ohnehin nur durch Tauschgeschäfte Gehalt sparen, um Superstar Dwight Howard zu verpflichten.

„Die Atlanta Hawks sind ein Super- Team für mich und bieten mir eine gute Situation“, sagte Schröder dem DBB. Doch zunächst standen die Emotionen im Vordergrund. „Ich hatte das meinem Vater versprochen“, sagte Schröder. Seinem vor vier Jahren verstorbenen Vater hatte Schröder zugesichert, Profi zu werden und um sich die Familie zu kümmern. Er half in dem Friseurladen seiner aus Gambia eingewanderten Mutter und wurde nebenbei bei den Phantoms Braunschweig zum derzeit gefragtesten Talent in Deutschland. Den Draft verfolgte Schröder mit seiner Mutter, den Geschwistern und Freunden daheim in Braunschweig, weil die Familie kein US-Visum bekam. Ab dem achten Platz „stieg die Anspannung etwas, aber dann kam ja zum Glück die Bekanntgabe“.

Bei Elias Harris (Gonzaga College), Daniel Theis (Ulm) und Bogdan Radosavljevic (Bayern München) kam sie nie. Die drei Deutschen hatten sich ebenfalls zum Draft gemeldet, wurden jedoch erwartungsgemäß von allen 30 Teams übergangen. „Das ist nicht das Ende der Welt. Es gibt mehr als einen Weg, um mein Ziel zu erreichen“, schrieb Harris bei Twitter. Für den 23-Jährigen kann es sogar ein Vorteil sein, dass er nicht gedraftet wurde. Denn nun sind seine Transferrechte nicht an einen Klub gebunden und der Forward könnte im Sommer bei Teams vorspielen, die Personalbedarf haben.

Das muss Schröder nicht mehr. Der athletische Aufbauspieler wird sich in Atlanta vorstellen und dann mit etwas Verspätung die EM-Vorbereitung mit dem Nationalteam aufnehmen. Danach beginnt das Abenteuer NBA. Dominik Bardow

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