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Update

Trick der Uefa: Löws Klamauk mit dem Balljungen war nicht live

Während die deutsche Nationalmannschaft gegen Holland auf dem Platz kämpft, macht der Bundestrainer ein Späßchen mit dem Balljungen. Nun kam heraus: Die Szene war aufgezeichnet. Das ZDF ist sauer auf die UEFA.

Woher nimmt Joachim Löw diese Gelassenheit? Er schlendert durch die Coaching Zone wie Gunter Sachs über die Promenade de la Croisette, richtet den hochgekrempelten Ärmel, richtet die Frisur. Aber was heißt hier „richtet“? Es gibt da nichts zu richten, er überzeugt sich vielmehr vom perfekten Sitz jedes Details an ihm und erfreut sich daran. Er kaut Kaugummi. Dann sieht er den Balljungen.

Der junge Ukrainer steht am Spielfeldrand, den Ball unterm Arm, dienstfertig, allzeit bereit und geradezu bestrickend anständig. Ein guter Junge, man sieht es ihm an. Seine Aufgabe ist nicht schwer, er hat sie geübt: Er muss gleich im Spiel dem Einwerfenden den Ball so schnell wie möglich aushändigen. Und doch sieht man ihm die kleine, große Furcht an, etwas falsch zu machen, daneben zu werfen, auszurutschen, sich zum Gespött zu machen von Milliarden von Fernsehzuschauern, die EM zu sabotieren, zu versagen, oh Gott. Sein Blick ist auf den Platz geheftet, dort will er schon jetzt nichts verpassen, er darf nicht versagen, bloß nicht versagen. Er ahnt nicht, dass von hinten Gunter Sachs herangeschlendert kommt.

Und der plant einen Streich. Er taxiert den Ball, schätzt die Festigkeit des Griffs, spitzt den Bundestrainermund zum Fuchsmund. Und plötzlich, blitzschnell, fast nicht zu sehen, stupst er ihn an, der Junge zuckt zusammen, doch zu spät, der Ball ist weg. Ein Steal, wie man im Basketball sagen würde.

Der Balljunge fährt erschrocken herum. Was war das? Und er weiß nicht, was er schlimmer finden soll: Dass der Ball futsch ist oder vor ihm mit einem Mal der deutsche Bundestrainer steht. Er geht einen Schritt zurück, aus Angst vor Strafe, dass er diese Prüfung nicht bestanden hat, und zugleich bereit, sie zu empfangen. Eine halbe Sekunde vergeht, höchstens.

Schauen Sie sich hier die Szene an:

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Und doch dauert es lange, quälend lange, bis Löw ihm endlich die Hand auf die Schulter legt. Ich bin’s, der Jogi. Entspann dich, Junge. Alles gut. Selbst wenn dir der Ball mal runter fällt. Fehler erlaubt. Er lacht. Der Junge lacht. Wer das sieht, lacht auch.

Ausgestrahlt wurde die Szene in der 22. Minute des Spiels. Zu diesem Zeitpunkt stand es noch 0:0 - erst zwei Minuten später sollte Mario Gomez Deutschland in Führung bringen. Die Fans fanden die Szene toll. Saucool unser Bundestrainer, war beim Public Viewing wieder und wieder zu hören. Mittlerweile hat die UEFA zugegeben, dass sich die Szene nicht live während des Spiels ereignete. Gegenüber stern.de bestätigte der Fußballverband, dass die Situation ca. 15 bis 20 Minuten vor dem Spiel stattfand. Den Fernsehzuschauern wurde kein Hinweis gegeben, dass die Szene nicht live war - optisch passte sie perfekt in das Spielgeschehen.

Der europäische Fußballverband UEFA steht nun in der Kritik. Es sei „wohl mittlerweile ein Fakt“, dass Bundestrainer Joachim Löw einem Balljungen nicht während des Spiels am Mittwochabend gegen die Niederlande den Ball weggeschlagen habe, sondern diese Szene vor Spielbeginn aufgezeichnet und in das laufende Spiel eingespielt worden sei, sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz am Freitag in einem Interview für die PR-Abteilung des Mainzer Senders.

„Wir wussten das nicht, sind auch nicht informiert worden“, sagte Gruschwitz weiter. Er bezeichnete diesen Vorgang als „vollkommen unüblich“ und erklärte, dass sein Sender darauf keinen Einfluss habe: Das weltweite Livesignal stelle eine Produktionsfirma bereit, die wiederum von der UEFA beauftragt wurde. Das ZDF sei mit dem Verband nun in einem „intensiven Austausch“. Der Verband selbst kündigte dapd noch für Freitag eine Erklärung an.

Auch der Chefredakteur des ZDF, Peter Frey, griff den Fußballverband an, der die Europameisterschaft verantwortet. „Wir haben bei der UEFA moniert, dass tatsächlich der Anschein erweckt wurde, es handele sich um Live-Bilder“, sagte Frey laut Mitteilung seines Senders. „Das entspricht nicht unseren journalistischen Standards.“

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