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Arthur Abraham landet einen Treffer im Gesicht seines Gegners.

© Reuters

Trotz Handverletzung: Arthur Abraham bleibt Box-Weltmeister

Für Boxweltmeister Arthur Abraham wurde Herausforderer Sjekloca wegen einer Handverletzung fast zum Stolperstein. Der 34 Jahre alte Berliner feierte dennoch seinen 40. Profisieg. Sein Promoter Sauerland hätte ihn nicht antreten lassen.

Pfiffe ertönten im Rund des Velodroms, als der alte und neue Weltmeister sich quasi entschuldigte. Doch in den meisten Gesichtern war vor allem Überraschung zu erkennen – Überraschung darüber, wie Arthur Abraham seinen Boxstil im WM-Kampf gegen Nikola Sjekloca begründet hatte: „Ich hatte noch eine Verletzung vom letzten Kampf. Ich habe ein paar Mal mit rechts geschlagen. Das ging wie ein Stromschlag durch meinen Kopf. Da wusste ich, da ist wieder was passiert. Aber ich konnte Sjekloca auch mit einer Hand bezwingen – die Linke hat gereicht“, sagte der 34-Jährige.

Die Verletzung, ein Haarriss an der rechten Hand, hatte Abraham sich angeblich bei seinem WBO-Titelgewinn gegen Robert Stieglitz vor zwei Monaten zugezogen. „Boxen ist kein Schachspiel“, sagte Abraham. „Man muss sich durchbeißen, und ich bin keine – wie sagt mein Trainer immer? – Memme.“ Sein Trainer Ulli Wegner sagte nach der erfolgreichen Titelverteidigung: „Der Junge wollte unbedingt boxen. Er hat von der ersten Runde an gesagt: ,Trainer, die Hand ist durch.‘ Aber er hat das taktisch gut gemacht.“

Arthur Abraham begründete seine Entscheidung, trotz Verletzung in den Ring zu gehen, lapidar: „Zu viele Trainingskollegen haben abgesagt wegen Verletzungen, aber ich bin ein harter Junge und wollte unsere Fans nicht enttäuschen.“

Promoter Sauerland wusste nichts von Abrahams Verletzung

Etwas fragwürdig war dieses Vorgehen allerdings. Entweder konnte sich der Sauerland-Boxstall nach den Ausfällen seiner Weltmeister Yoan Pablo Hernandez (Viruserkrankung) und Marco Huck (gebrochener Daumen) nicht noch einen weiteren Ausfall erlauben, oder aber man war sich seiner Sache so sicher, dass Abraham seinen Herausforderer Sjekloca im Zweifelsfall auch mit nur einer Hand ausboxen könne – was ja auch gelang. Egal, ob ein verletzter Boxer nun kämpfen muss oder ob er kämpfen kann, weil der Gegner ihm ohnehin kaum gefährlich werden kann – enttäuschend für die Fans ist beides.

Anscheinend wusste aber nur Trainer Wegner von der Verletzung seines Boxers. Promoter Wilfried Sauerland beteuerte nachher, nichts von der Verletzung Abrahams gewusst zu haben. „Und der Ulli weiß, dass ich keinen Kämpfer in den Ring lasse, der nicht zu 100 Prozent fit ist“, sagte er und fügte noch etwas irritiert hinzu: „War die Hand denn nun angebrochen oder gebrochen?“

Nikola Sjekloca: "Ich habe zurecht verloren"

Herausforderer Sjekloca standen die Spuren des Kampfes deutlich ins Gesicht geschrieben. Ab der fünften Runde blutete seine Nase, ab der siebten zeichnete sich unter dem rechten Auge ein Cut ab, der mit der Kampfdauer weiter anschwoll. „Seine überfallartigen Angriffe haben den Ausschlag gegeben“, sagt der Montenegriner, der nach dem Kampf seine blaue Basecap tief ins Gesicht gezogen hatte, sodass der Schatten ihres Schirms sein geschwollenes Auge verdeckte: „Ich habe zu viele Jabs abgekriegt und deswegen auch zurecht verloren.“

Abraham blieb gar nichts anderes übrig, als mit der Führhand zu schlagen. Der verhaltene Beginn von Abraham schlug sich anfangs auch auf die Stimmung der 5500 Zuschauer im Velodrom nieder, wo zum ersten Mal überhaupt geboxt wurde. Erst gegen Ende des Kampfes stimmte die gesamte Halle in die „Arthur“-Rufe ein. Immerhin reichte es für den Super-Mittelgewichtler, um den WM-Kampf klar nach Punkten zu gewinnen. Promoter Sauerland gab sich zufrieden: „Wir haben einen guten Hauptkampf gesehen, der sehr fair war.“ Er habe selten einen Kampf gesehen, bei dem der Ringrichter so wenig eingreifen musste. „Die Wertung 119:110 für Arthur ist sicher etwas zu hoch und 116:113 zu knapp. Die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte.“

Trainer Wegner nahm es gelassen. Die Wehklagen seines Boxers in einer der Rundenpausen konterte er in seiner gewohnten Art: „Dann nimm’ die andere Hand!“ Als der Kampf gekämpft und gewonnen war, machte er sich noch einmal etwas Luft. Die nachträglichen Spekulationen, ob Abrahams Einsatz zu riskant gewesen sei, nervten ihn offenbar: „Wenn wir danach gehen würden, hätten wir bald gar keinen Kampf mehr.“

An diesem Montag wird Arthur Abraham sich gründlich untersuchen lassen, um zu sehen, wie schwer die Verletzung wirklich ist. „Was der Arzt dann sagt, machen wir auch.“

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