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Lange Nase. Trotz aller Vorwürfe gegen die Fifa wird Joseph Blatter mit klarer Mehrheit als Präsident wiedergewählt und inszeniert sich als großer Reformator. Foto: Reuters

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Sport: Tür zu

Die Fifa wehrt die Angriffe von außen ab – nicht nur bei der Wahl des Präsidenten bleibt alles beim Alten

Es muss nicht immer Joseph Blatter sein. Die ehrenwerte Gesellschaft des Fußball-Weltverbands Fifa können auch andere verteidigen, Angel Maria Villar Llona zum Beispiel. „Es reicht!“, brüllte der Präsident des spanischen Fußball-Verbandes durch das Züricher Hallenstadion und fuchtelte dabei wild mit seinem rechten Zeigefinger herum. Das war keine Botschaft an die Delegierten des Fifa-Kongresses, sondern eine an die Politiker und Journalisten dieser Welt. Die Fifa wisse selber, was sie zu tun habe, sagte Villar Llona, der auch Vizepräsident der Fifa ist und früher einmal in Spaniens Nationalteam kickte. Dass ein Parlament wie das britische Untersuchungen über die Fifa anstelle, sei eine „Schande“.

Der Spanier war einer der letzten Redner, bevor die Fifa einen neuen Präsidenten wählte. Wenn Wagenburgen eine Tür hätten, man könnte sagen, Villar Llona hat sie hinter sich geschlossen. Die Fifa war wieder unter sich und sie war sich wieder fast ganz einig. 186 der 206 wahlberechtigten Mitgliedsverbände kreuzten wenig später den Namen Joseph S. Blatter an, den einzigen auf dem Stimmzettel der Präsidentenwahl und verlängerten die 13 Jahre dauernde Amtszeit des 75 Jahre alten Schweizers noch einmal um vier Jahre. Anschließend stimmten sie noch dafür, dass Blatter ein bisschen was ändern darf, aber doch vieles beim Alten bleibt.

Dass es nicht ganz zu einem Wahlergebnis nach Vorbild eines Staatsparteitags reichte, daran dürften unter anderem die Engländer schuld gewesen sein. Drei Verbände gaben keine Stimme ab, und der englische Fußballverband FA hatte ein solches Wahlverhalten schon vorher angekündigt. Sie hatte sogar die ganze Wahl verschieben wollen. Am Mittwochmorgen war FA-Präsident David Bernstein die Stufen hinauf aufs Podium geschritten und hatte eine kleine Zustandsbeschreibung der Fifa abgegeben. Er wolle keinen König ohne Gegenkandidaten auf den Thron setzen, sagte Bernstein, doch er trug sein Anliegen etwas zu lapidar vor, leidenschaftlich schon gar nicht, und bekam nur dünnsten Beifall.

Da deutete sich schon an, was Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes und jetzt auch Neu-Mitglied im Exekutivkomitee der Fifa, später „Gegenreaktion“ nennen sollte. Wenn der Wind der Aufklärung zu heftig weht, dann schnell rein ins schützende Haus. Erst durften Verbände wie Haiti, Kongo, Benin, Fidschi und Zypern die große englische Fußballnation kleinreden, die nur 17 Stimmen für ihren Antrag auf Aufschub der Präsidentenwahl erhielt. Immer wieder dieselbe Frage: Was denn so schlimm daran sei, dass es nur einen Kandidaten gebe. Viele Fußball-Verbandspräsidenten seien schließlich ohne Gegenkandidaten gewählt worden. Dann polterte Julio Grondona zum Rednerpult. Er wird in diesem Jahr 80, ist der ranghöchste unter den Fifa-Vizepräsidenten und führt seit 31 Jahren den argentinischen Fußballverband. „Sagen Sie, was Sie zu sagen haben, oder lassen Sie die Fifa in Ruhe!“, gipfelte die Grußadresse an seine englischen Kollegen. Wie ein schlechter Verlierer sollte England aussehen, der seine Abstimmungsniederlage bei der Vergabe der WM 2018 nicht verkraftet hatte und jetzt übel nachtrat.

Es war allerdings auch Blatter selbst, der den Kreis seiner Fifa-Familie wieder schloss, indem er sich selbst zum großen Reformator ernannte. Die Weltmeisterschaft soll künftig vom Kongress vergeben werden, also den 208 Mitgliedsverbänden, nicht mehr vom 24-köpfigen Fifa-Exekutivkomitee. Außerdem soll die Ethik-Kommission stärker und unabhängiger werden, der Fifa-Generalsekretär dürfe keinen Einfluss mehr in diesem Gremium haben. Eine „Lösungskommission“ will Blatter auch einsetzen, um alle Vorwürfe zu beleuchten und Konsequenzen daraus zu ziehen. Besetzt allerdings ausschließlich mit Leuten aus der Fifa selbst, es muss eben nicht alles nach außen dringen. Das alles zusammen wirkte als Beruhigungsmittel auf die Delegierten.

Nach dem Kongress konnte Blatter sogar Fehler einräumen, es ging ja um nichts mehr. „Die Kritik war vielleicht zum Teil gerechtfertigt“, sagte Blatter und nannte es falsch, die WM für 2018 und 2022 an einem Tag vergeben zu haben. Möglicherweise meinte er damit nicht nur den Vorgang, sondern auch den Zuschlag für Katar 2022. Doch er „erwarte keine weiteren Schlachten“, sagte der Präsident. „Wir haben jetzt die Instrumente für einen Neustart in der Fifa.“ Und dieselben Leute, die der Korruptionsverdacht umweht, die hat Blatter in seiner Fifa auch noch.

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