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Stangentanz. Fabian Hambüchen macht es sich am Reck nicht leicht.

© dpa

Turn-WM in Nanning: Flieger Fabian Hambüchen bleibt am Boden

Fabian Hambüchen verpasst bei der Turn-WM in Nanning die Finalteilnahme am Reck und schreibt damit ein weiteres Kapitel in einer schwierigen Beziehung zu seinem eigentlichen Spezialgerät.

Ehrfürchtig wird das Reck als Königsgerät bezeichnet. Es steht nicht nur als Höhepunkt am Ende jedes Kunstturnwettbewerbs, an seiner Stange entstehen auch die spektakulärsten Elemente, die Turner zu bieten haben. Für Fabian Hambüchen schien das Schwingen in 2,60 Meter Höhe in frühen Jahren ein Spiel, bei dem er über die Schwerkraft triumphierte. Bald galt er als Spezialist für atemberaubende Flugshows und komplizierte Griffwechsel, obwohl er selbst sich als kompletten Mehrkämpfer sah.

Auch heute noch liegt der öffentliche Fokus auf dem Moment, in dem Hambüchen sich ans Reck heben lässt. Eine Medaille scheint ihm sicher, wann auch immer der 26-Jährige seine Übung fließend zu Ende bringt. Auch bei diesen Weltmeisterschaften in Nanning sollte der Einzug ins Finale der besten acht Reckturner wieder eine sichere Sache sein. Und dort hätte er sich wieder mit seinem befreundeten Kollegen duellieren können, Olympiasieger Epke Zonderland aus den Niederlanden. Doch ein technischer Fehler im Vorkampf, als er sich beim Adler mit ganzer Drehung nicht in den Handstand drücken konnte, kostete Hambüchen überraschend viele Punkte – und die Finalteilnahme.

Es ist nicht das erste Mal, dass der eigentlich als nervenstark und bestens vorbereitet geltende Athlet in einem entscheidenden Moment an seinem Spezialgerät patzt. Die bislang wohl größte Enttäuschung erlebte der dreimalige Reck-Europameister 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking. Alles war auf die Goldmedaille ausgerichtet, eine Biografie schon vorbereitet, die mit dem Höhepunkt unter den Ringen enden sollte. Doch in einem Finale, bei dem der damalige Weltmeister nur fest hätte zupacken müssen, um sich den ersehnten Sieg zu sichern, griff er mit leicht lädierter Hand daneben und erwischte nur Bronze.

Es war nicht das erste Mal, dass Hambüchen an seinem Spezialgerät patzt

Selbstkritisch räumte der gestürzte Favorit danach ein, zu sehr auf diese eine Entscheidung fokussiert gewesen zu sein. Doch es schien, als hätte er seine Chance verpasst. 2009 und 2011 zwangen Verletzungen den deutschen Vorturner zu Pausen. Als er 2012 bei seinen nächsten Spielen an den Start ging und Silber gewann, hatte sich die Konkurrenzsituation verschärft. Nun reichte es dem langjährigen Reckkönig nicht mehr, einfach sauber durchzuturnen, um den sicheren Sieg zu feiern. Vor allem in Zonderland, den Hambüchen 2004 bei der Junioren-EM von Ljubljana erstmals in die Schranken gewiesen hatte, war ein Flugkünstler herangereift, der sich regelmäßig eine höhere Schwierigkeitsnote verdient.

Der Druck ist damit gewachsen: Bei der EM im Mai in Sofia hatte der Deutsche versucht, es dem fliegenden Holländer gleichzutun und dessen freundschaftliche Tipps zu befolgen, wie man die Salti über und neben der Stange am besten miteinander kombiniert. Mit dem Ergebnis, dass er nach einem Sturz in der Entscheidung einsah, dass er doch seinen eigenen Weg finden muss. In Nanning sollte ihn dieser zurückführen auf den Thron. Doch mit seinem Fehler eröffnete Hambüchen den Juroren die Möglichkeit, ihn frühzeitig aus dem Rennen zu holen. Aus dem Spiel am Königsgerät ist längst bitterer Ernst geworden.

Katja Sturm

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