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Turnen: Hambüchen erneut Europameister am Reck

Fabian Hambüchen hat sich in Amsterdam zum zweiten Mal nach 2005 zum Reck-König Europas gekrönt. Mit vier Medaillen ist die deutsche Turner-Auswahl so erfolgreich wie zuletzt vor 17 Jahren.

Amsterdam - Mit einer Glanz-Übung an seinem Spezialgerät toppte er sogar noch den Mehrkampf am Tag zuvor, bei dem er als zweiter Deutscher nach Eberhard Gienger 1975 die Silbermedaille in Empfang nehmen durfte. Nach der Weltpremiere seiner Übung mit der sensationellen A-Note von 7,0 konnte er sich sogar leichte Abstriche bei der Haltungsnote erlauben und setzte sich mit 16,025 Punkten vor Ex-Weltmeister Aljaz Pegan (Slowenien/15,675) und Olympiasieger Igor Cassina (Italien/15,575) durch.

Auch Oksana Tschussowitina hatte großen Anteil am erfolgreichsten EM-Abschneiden deutscher Turner seit 22 Jahren. Allerdings war die 31 Jahre alte "Queen Mum" des Turnsports am Sonntag über ihren zweiten Platz nicht so glücklich wie der Wetzlarer. Am Sprung verpasste sie den ersten Titel für die DTB-Frauen in der EM-Historie, erkämpfte aber mit Silber die erste EM-Medaille ihrer 16 Jahre währenden Turn- Karriere. Die deutsche Medaillen-Sause komplettierte der Hallenser Matthias Fahrig mit Bronze am Boden. Vier Mal EM-Edelmetall hatte es für deutsche Turner zuletzt vor 17 Jahren gegeben.

"Volles Risiko"

Hambüchen genoss seinen Triumph vor den 3000 Zuschauern sichtlich und winkte schon vor Ende der Konkurrenz immer wieder freudig ins Publikum. Gegenüber dem Vorkampf hatte er den Schwierigkeitsgrad durch den Adler und eine schwierige Verbindung noch einmal um 0,7 Zähler aufgestockt und präsentierte sie nahezu perfekt. "Bei der Konkurrenz musste ich volles Risiko gehen", begründete er. "Ich bin heilfroh, dass alles gut gegangen ist."

Tags zuvor hatte der angehende Abiturient vom Goethe-Gymnasium Wetzlar nach einem großartigen Mehrkampf (89,675 Punkte) nur durch einen winzigen Wackler beim Seitpferd-Abgang den ersten Allround- Titel eines deutschen Turners verpasst. "Bronze in Aarhus, Silber in Amsterdam - jetzt wisst ihr ja, was bei der WM in Stuttgart kommt", scherzte der 19-Jährige. "Ich freue mich riesig über Silber. Das war ein Hammer-Wettkampf, vor allem, weil meine schwächeren Geräte am Schluss lagen", sagte Hambüchen. Der Sieg ging an den Russen Maxim Dewjatowski (90,250).

Auch Cheftrainer Andreas Hirsch freute sich über Silber. "Wir standen vor der Frage, auf Sicherheit gehen und Vierter werden oder volles Risiko auf die Gefahr hin, dass hinten raus die Kräfte fehlen. Ich denke, wir haben richtig entschieden", meinte er. Gerade an Pferd und Ringen wurde aber deutlich, wie sehr der zweite Sechskampf innerhalb von 24 Stunden an den Kräften des Jungstars gezehrt hatte.

EM-Debütantin Tschussowitina verärgert

"Natürlich bin ich nicht überglücklich, aber Silber ist besser als gar nichts", versuchte Tschussowitina mit versteinerter Miene ihren Ärger zu überspielen, nachdem der deutsche Protest gegen die Wertung ihres ersten Sprungs abgeschmettert worden war. Die älteste Debütantin der EM-Geschichte hatte bei ihrem Überschlagsalto die Beine nicht korrekt gestreckt und musste dafür Abzüge von 0,4 Punkten in der A-Note in Kauf nehmen. "Sie ist doppelt bestraft worden, weil ja auch die B-Kampfrichterinnen bei der Haltung Abstriche gemacht haben", bedauerte Sportdirektor Wolfgang Willam, obwohl es in 50 Jahren noch nie zuvor EM-Silber für DTB-Frauen gegeben hatte.

Auch bei ihrem guten Mehrkampf hatte sie am Balken einen Patzer, erzielte aber mit Platz sechs das beste Resultat deutscher Turnerinnen seit 1985. "Am Ende ist es egal, ob ich nun Fünfte oder Sechste wurde. Das war hier alles nur Training für die WM", meinte sie gelassen. Im Bodenfinale kam sie am Sonntag auf Platz sechs. Team-Küken Anja Brinker zeigte im Mehrkampf nach verpatztem Balken- Auftakt Kampfgeist und turnte sich noch auf Platz zehn vor. Am Barren wurde der "Turn-Floh" aus Herkenrath Siebter. (Von Frank Thomas, dpa)

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