zum Hauptinhalt
299174_0_065430da.jpg

© dpa

U 21: Die Richtung stimmt

Selten zuvor haben so viele U-21-Fußballer den Sprung in die A-Nationalmannschaft geschafft. Mesut Özil ist ein Beispiel. Viele Kandidaten könnten folgen.

Rainer Adrion hatte keine Ahnung, dass er sich auf historischem Terrain bewegte. Der Trainer der deutschen U 21 wollte in der vorigen Woche einfach einen der letzten Sommerabende genießen und sich auf der Terrasse des Kasteels Vaalsbroek eine Feierabend-Cola genehmigen. Neun Jahre zuvor sollen auf derselben Terrasse ganz andere Getränke gereicht worden sein. Im Juni 2000 hatten sich hier die deutschen A-Nationalspieler versammelt, um Abschied zu nehmen: Abschied von der Europameisterschaft, aber auch Abschied von der Illusion, dass der deutsche Fußball ein Grundrecht auf Erfolg besitzt. Das klägliche Abschneiden bei der EM 2000, das mit einem zünftigen Besäufnis auf der Hotelterrasse in Vaals ein Ende fand, öffnete den Verantwortlichen endgültig die Augen.

Die U-21-Nationalspieler, die Adrion vorige Woche in Vaals versammelt hatte, sind solcher Ausschweifungen nicht verdächtig. Trotzdem würde es sie in der aktuellen Form ohne die EM 2000 wohl nicht geben. Das Turnier war der Auslöser für ein beispielloses Konjunkturprogramm. Innerhalb eines Jahres sind die deutsche U 17, U 19 und U 21 Europameister geworden – keine andere Nation hat das geschafft.

Die generelle Richtung stimmt, auch wenn sich die neue U 21 am Dienstag in der EM-Qualifikation mit dem 1:2 gegen Tschechien eine womöglich folgenschwere Heimniederlage eingehandelt hat: Der Europameister droht schon in der ersten Qualifikationsrunde zur EM 2011 zu scheitern. „Der Rückschlag ist sehr ärgerlich“, sagt Rainer Adrion. „Aber man muss jetzt auch kein Schreckensszenario entwerfen.“

Die Tendenz bleibt positiv. „Die U 21 ist ein Sprungbrett“, sagt Sami Khedira, der selbst schon in die Nationalelf gehopst ist. Am Samstag, beim 2:0 gegen Südafrika, standen drei U-21-Europameister auf dem Platz: Mesut Özil, Marko Marin und eben Khedira. Gestern, beim 4:0 gegen Aserbaidschan, gehörte Marin zwar nicht zum Kader, sein Bremer Kollege Özil aber schaffte es zum zweiten Mal hintereinander in die Startelf. Nach der Pause kam auch Andreas Beck zu einem weiteren Länderspieleinsatz.

Dem 3:0 ging eine Kombination der U-21-Europameister voraus: Özil spielte Beck frei, dessen Flanke lenkte Miroslav Klose ins Tor. Özil lernte gestern allerdings auch gleich mal die Schattenseite des schnellen Ruhmes kennen: Der Bremer sah sich im Mittelfeld hartnäckiger Manndeckung ausgesetzt, auch deshalb konnte er nicht so glänzen wie gegen Südafrika. Özil ist von den vielen neuen Begabungen noch einmal eine Ausnahmebegabung. Aber Löw besitzt auch in der Breite ganz neue Möglichkeiten.

Die Sehnsucht nach frischen Gesichtern ist selten so stark bedient worden wie im Moment. Sportdirektor Matthias Sammer warnt sogar, „dem Jugendwahn zu verfallen“. Die U-21-Europameister könnten in der Tat einmal das Gerüst der A-Nationalmannschaft stellen, aber ihre volle Leistungsfähigkeit werden sie wohl erst in vier bis sechs Jahren erreichen. Und die Not, das A-Team zu verjüngen, sieht Sammer derzeit sowieso nicht: „Die Nationalmannschaft hat schon viele junge Spieler.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false