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Sport: Über Winfried Schäfers Anstrengungen, für TeBe viel Geld zu sparen und sich im Fernsehen darzustellen

Das Spiel war längst abgepfiffen, da verharrte Erwin Zacharias immer noch auf seinem Tribünenplatz im Mommsenstadion, vertieft in die Lektüre des Programmheftes. Aufgeschlagen hatte der Wirtschaftsprofessor die Seite acht, auf der die Tabelle der Zweiten Fußball-Bundesliga zu finden ist in einer hübsch anzusehenden Farbkombination: oben ist diese Tabelle in Gelb abgefasst, geht dann im Mittelbereich über ins Orangene, um dann im Rötlichen auszuklingen.

Von Karsten Doneck, dpa

Das Spiel war längst abgepfiffen, da verharrte Erwin Zacharias immer noch auf seinem Tribünenplatz im Mommsenstadion, vertieft in die Lektüre des Programmheftes. Aufgeschlagen hatte der Wirtschaftsprofessor die Seite acht, auf der die Tabelle der Zweiten Fußball-Bundesliga zu finden ist in einer hübsch anzusehenden Farbkombination: oben ist diese Tabelle in Gelb abgefasst, geht dann im Mittelbereich über ins Orangene, um dann im Rötlichen auszuklingen. Doch Zacharias konnte schauen und rechnen, so lange er wollte. Tennis Borussia, der Verein, für den er als Vorstandsvorsitzender die Verantwortung trägt, liegt eindeutig im roten Bereich und ist nach der 1:3-Heimniederlage am Sonntag gegen den 1. FC Nürnberg und vor dem letzten Saison-Spieltag stark abstiegsgefährdet. Verliert TeBe am Freitag auch noch beim Chemnitzer FC und gewinnen gleichzeitig die Stuttgarter Kickers (beim Karlsruher SC) sowie der FC St. Pauli (daheim gegen RW Oberhausen), dann verabschiedet sich Tennis Borussia in die zweigleisige Regionalliga. Und das wäre der fußballerische GAU.

Dass Marco Walker noch das 1:3 glückte, war möglicherweise Gold wert. Durch diesen Treffer kletterte TeBe in der Tabelle dank des geringfügig besseren Torverhältnisses sogar noch vor den Chemnitzer FC(1:5 beim VfL Bochum). Nur deshalb reicht TeBe schon ein Unentschieden in Chemnitz zum Klassenerhalt. Allerdings fallen mit Ivan Kozak und Jens Melzig zwei Abwehrspieler aus, deshalb soll Amateur Taskin Aksoy in den Kader rücken.

Winfried Schäfer, der Trainer, tat unmittelbar nach dem Schlusspfiff erst mal das, was er ohnehin am liebsten tut: Er gab Fernsehinterviews. Und immer wieder erklärte er wortreich, wie viele Knüppel ihm bei seiner doch so ehrenwerten Arbeit bei Tennis Borussia zwischen die Beine geworfen worden sind. Nur glaubt ihm das fast keiner mehr. Sensiblere Trainer wären in einer derartigen Situation ohnehin erst einmal in die Kabine geeilt und hätten eine aufmunternde oder auch kritische Ansprache an die Mannschaft gehalten. Aber ein Winfried Schäfer kommuniziert nun mal lieber mit TV-Reportern als mit seinen Spielern. Auch ein Grund für den Niedergang der Tennis Borussen.

Als das Spiel gegen Nürnberg sich dem Ende zuneigte und bei den Leistungen der Gastgeber partout keine Besserung eintreten wollte, befestigten TeBe-Fans am Zaun des Mommsenstadions ein Transparent. Darauf stand in großen Lettern geschrieben: "Winni - Totengräber. Hau ab ohne vier Millionen". Schäfers Vertrag läuft noch bis zum Jahre 2002. Würde ihm, was längst überfällig ist, der Stuhl vor die Tür gesetzt, müsste der Verein Schäfers Gehalt bis Saisonschluss auf einen Schlag ausbezahlen, zum jetzigen Zeitpunkt wären das vier Millionen Mark. Insofern könnte es sein, dass den ein oder anderen Verantwortlichen bei TeBe ein Abstieg nicht allzu hart treffen würde. Schäfers Vertrag, so die Mutmaßungen, gelte nämlich lediglich für die Erste oder Zweite Liga, nicht aber für die Regionalliga, die Trennung vom Trainer wäre damit nicht mehr gar so überlegenswert. Auch die hoch dotierten TeBe-Profis, die alten wie die neu verpflichteten, besitzen nur Verträge für den Profifußball. Unter dem Aspekt der Kostensenkung könnte für TeBe ein Abstieg also durchaus nützlich sein. Zumal der TeBe-Eigentümer, das Finanz- und Versicherungsunternehmen Göttinger Gruppe, angeblich in erheblichen Schwierigkeiten steckt.

"Ich muss jetzt erst einmal Ruhe reinbringen", sagte Winfried Schäfer nach dem 1:3 gegen Nürnberg, der zehnten Niederlage in der Rückrunde. Seit Schäfer TeBe trainiert, ist im Verein Ruhe jedoch genauso selten wie Schneefall in der Sahara. Und warum sollte dem Trainer ausgerechnet in der entscheidenden Phase der Saison gelingen, was er seit seinem Amtsantritt in Berlin nicht geschafft hat? So unkoordiniert und kraftlos, so ohne Biss und ohne spürbaren Willen wie gegen Nürnberg wird TeBe auch in Chemnitz keinen Blumentopf, geschweige denn einen Punkt, gewinnen.Tennis Borussia im Internet: www.meinberlin.de/tebe

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