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Haltet den Titelverteidiger! Andres Iniesta und seine spanischen Mitspieler hatten zuletzt ein paar Probleme, gegen England um Scott Parker (r.) gab es in Wembley ein 0:1.

© dpa

Überblick: Die Teilnehmer der Fußball-EM

Neben Deutschland kämpfen 15 Nationen ab dem 8. Juni 2012 um den Titel bei der EM in Polen und der Ukraine. Ein Überblick über Außenseiter und Geheimfavoriten, die das Finale am 1. Juli 2012 in Kiew anstreben.

Gruppe A

GRIECHENLAND

Einmal Rehhagel, immer hinten dicht. Auch nach der Ablösung des einstigen Nationalhelden setzten die Griechen auf ein defensives Fundament. Unter dem Portugiesen Fernando Santos gewannen sie ihre Gruppe überraschend deutlich und ungeschlagen vor den starken Kroaten. Dafür reichten ganze 14 Tore mit fußballtechnisch eher bescheidenen Auftritten, etwa bei den 1:0-Siegen über die großen Fußballnationen Malta, Israel und Lettland. Die drei verbliebenen EM-Helden von 2004, Kostas Katsouranis (32), Giorgios Karagounis (34) und Angelos Charisteas (31), sind schon ein wenig in die Jahre gekommen, aber Trainer Santos mag auf ihre Erfahrung nicht verzichten.

POLEN

Vor vier Jahren in den Alpen wähnten sich die Polen als eine Art Geheimfavorit. Immerhin diese Sorgen sind sie beim Heimturnier los. Allein der Vorteil der vertrauten Umgebung spricht für die Mannschaft von Franciszek Smuda. Seine Hoffnung auf ein erfolgreiches Comeback auf der großen Bühne spielt ein paar hundert Kilometer westlich vom neuen Nationalstadion in Warschau. In Dortmund, wo Jakub Blaszczykowski, Lukasz Piszczek und Robert Lewandowski im schwarz-gelben Trikot der Borussia die Renaissance des polnischen Fußballs vorantreiben. Zudem hat sich Wojcech Szczesny beim FC Arsenal zu einem der besten Torhüter der Premier League entwickelt.

TSCHECHIEN

In den ersten Jahren des dritten Jahrtausends verfügten die Tschechen über eine viel versprechende Generation von Fußballspielern, was diese jedoch nur allzu gut wusste, so dass sie sich selbst gern das goldene Etikett anheftete. Doch der Erfolg von Pavel Nedved, Tomas Rosicky und Jan Koller reduzierte sich auf ein EM-Halbfinale, das 2004 unglücklich gegen Otto Rehhagels Griechen verloren ging. Bei den folgenden Turnieren war jeweils schon nach der Vorrunde Schluss, bei der WM 2010 reichte es nicht mal für die Qualifikation. Das es nun um den altersweisen Rosicky im Nachsitzen gegen Montenegro doch noch für Polen und die Ukraine gereicht hat, stimulierte die Tschechen so sehr, dass sie eine feuchtfröhliche Party hinlegten und reichlich derangiert die Rückreise antraten. Positiv formuliert spricht das für guten Teamgeist.

RUSSLAND

Auf dem Weg zur Weltmacht haben sich die Russen eine kleine Auszeit genommen. Das 0:1 im entscheidenden WM-Qualifikationsspiel vor zwei Jahren gegen Deutschland traf sie so schwer, dass es anschließend in den Play-offs nicht mal gegen die Slowenen reichte. Für Trainer Guus Hiddink war danach Schluss, sein holländischer Landsmann Dick Advocaat führte die Mannschaft durch die problemlose Qualifikation. 2008 in den Alpen war Andrej Arschawin die große Attraktion. Der kleine Angreifer hat sich auch in der Premier League beim FC Arsenal durchgesetzt und steht für den unveränderten Anspruch der Russen, zu den ganz Großen im Weltfußball aufzusteigen.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, wie es um die Gegner der deutschen Mannschaft in Gruppe B steht.

Gruppe B

NIEDERLANDE

Über die schleichende Wandlung der Elftal von brasilianischem Zauber hin zu deutscher Athletik ist viel philosophiert worden. Der niederländische WM-Finaleinzug 2010 war ähnlich elegant wie der deutsche 2002 in Fernost. Und so schwer gekränkt wie vor ein paar Wochen im Test von Hamburg wurden die Holländer zuletzt in den Sechzigern bei einer verpassten EM-Qualifikation gegen Luxemburg. Allerdings verfügt Bert van Marwijk immer noch über grandiose Individualisten wie Robin van Persie, Arjen Robben oder Wesley Sneijder. Es ist an ihm, etwas daraus zu machen.

DÄNEMARK

Vor eineinhalb Jahren wäre Morten Olsen wahrscheinlich gern zum Hamburger SV gewechselt (wenn der ihn denn gewollt hätte). Damals stand der dänische Trainer nach der schwachen WM-Vorrunde in Südafrika schwer in der Kritik und durfte nur mangels Alternativen weitermachen. Das aber gelang ihm so überzeugend, dass ihn eine Hamburger Anfrage im Herbst 2011nicht mehr interessierte. Olsen vertraute der Jugend um den gerade 19-jährigen Christian Eriksen - und wurde mit furiosem Angriffsfußball belohnt. Die Portugiesen um ihren Weltstar Cristiano Ronaldo bekamen es am letzten Spieltag der Qualifikation beim 2:1-Sieg der Dänen zu spüren.

PORTUGAL

Wie die Tschechen zählen auch die Portugiesen seit gut zehn Jahren zu den großen nicht eingelösten Versprechen des Weltfußballs. Die jetzige Mannschaft leidet darunter, dass sie in der öffentlichen Wahrnehmung immer reduziert wird auf Cristiano Ronaldo, auf seine Dribblings, Freistöße und Mätzchen. Nur trifft der Stürmer in der Nationalmannschaft nicht halb so zuverlässig wie bei Real Madrid. Vielleicht war das Play-off-Rückspiel gegen Bosnien-Herzegowina die Kurve zum Erfolg. Beim 6:2-Sieg spiele Cristiano Ronaldo so, wie es sich für einen Kapitän gehört und erzielte zwei Tore. Gegen die Portugiesen spricht, dass sich die Verteidiger Ricardo Carvalho und José Bosingwa mit dem neuen Nationaltrainer Paulo Bento überwarfen und den Frühsommer daheim im Kreis ihrer Familien verbringen werden.

Lesen Sie auf der dritten Seite, was die Mansnchaften Spanien, Irland, Italien und Kroatien aus Gruppe C ausmacht.

Gruppe C

SPANIEN

Was wiegt wohl schwerer – ein 0:1 gegen England oder ein 2:2 gegen Costa Rica? Die mit Abstand weltbeste Mannschaft der vergangenen vier Jahre hat sich schwer getan in den letzten Spielen des Jahres nach dem triumphalen WM-Sieg von Johannesburg. Auch gegen Italien (1:2), Argentinien (1:4) und Portugal (0:4) gab es teils empfindliche Niederlagen. Fernando Torres befindet sich beim FC Chelsea auf dem Wege zur tragischen Figur, Gerard Piqué macht vor allem mit seiner Beziehung zur Popdiva Shakira Schlagzeilen, Carles Puyol sind seine bald 34 Jahre deutlich anzusehen. All das führt dazu, dass noch mehr Verantwortung auf den Kurzpasskönigen Xavi Hernandez und Andres Iniesta lastet. Bundestrainer Joachim Löw beharrt trotzdem darauf, dass „Spanien immer noch das Maß aller Dinge ist“.

IRLAND

England wäre ganz schön. Als Gegner in der Gruppenphase, das weckt Erinnerungen an die EM 1988 in Deutschland, als die Iren das erste Mal bei einem großen Turnier dabei waren und gleich im ersten Spiel den Lieblingsfeind von der etwas größeren Insel 1:0 besiegten. Das verbindende Element zwischen heute und damals ist, dass fast alle Iren ihr Geld in England verdienen, ja größtenteils Engländer mit irischer Oma oder Großtante sind. Den Unterschied zwischen beiden Epochen macht der Trainer. Damals war es, natürlich, ein Engländer (Jackie Charlton), der heutige heißt Giovanni Trapattoni. Seine defensive Spielweise kommt in Irland eigentlich nicht so gut an, aber bekanntlich ist nichts attraktiver als der Erfolg.

ITALIEN

Der Triumph von Berlin war nicht nur ein Segen für den italienischen Fußball. Jedenfalls nicht für die Nationalmannschaft, die sich ein wenig zu lange im Glanz der Weltmeisterschaft von 2006 sonnte und dabei vergaß, dass die Mannschaft schon damals nicht zu den jüngsten gehörte. Die müde EM 2008 war ein erstes Zeichen, aber erst nach dem beschämenden Vorrundenaus bei der Weltmeisterschaft in Südafrika rangen sich die Italiener zum Neuaufbau durch. Wie wichtig und richtig das war, konnte beim 1:1 zu Beginn des Jahres gegen die deutsche Mannschaft beobachtet werden. Von den alten Helden hat nur einer überlebt: Torwart Gianluigi Buffon, 33, war auch schon 2006 eine entscheidende Figur.

KROATIEN

Gut dreieinhalb Jahre lang hat Slaven Bilic auf Revanche gewartet, sie fiel entsprechend drastisch aus. In den Play-off-Spielen gegen die türkische Nationalmannschaft, die seinen Kroaten im Wiener Viertelfinale der EM 2008 eine bittere Niederlage beigebracht hatte. „Wir werden wie bei der letzten EM eine wichtige Rolle spielen“, behauptet der kroatische Trainer jetzt. Viel passiert aber ist seitdem nicht. Die verpasste Qualifikation für Südafrika steht für die Stagnation der Kroaten, für die taktischen Versäumnisse, die Bilic angelastet werden.

Lesen Sie auf der vierten Seite, worauf man sich bei Gastgeber Ukraine, England, Frankreich und Schweden in Gruppe D einstellen kann.

Gruppe D

UKRAINE

Manche Fußballfans wussten gar nicht mehr, dass er überhaupt noch spielt. Bis zu jenem Freitag im November, als die Ukrainer in Kiew den Deutschen ein 3:3 abtrotzten und auch Andrej Schewtschenko das leuchtend gelbe Trikot trug. Schewtschenko war mal einer der besten Stürmer der Welt – erst in Kiew, vor allem aber in seiner großen Zeit beim AC Mailand, die 2004 mit seiner Wahl zu Europas Fußballer des Jahres ihre Krönung erfuhr. Jetzt ist er 35 und spielt wieder in Kiew. Die EM könnte ein letzter Höhepunkt werden. Was die Torgefährlichkeit betrifft, steht er längst im Schatten von Andrej Woronin, und die Rolle des Chefs auf dem Platz hat Anatoli Timoschtschuk.

ENGLAND

Wer Spanien besiegt, kann so schlecht nicht sein. Für Fabio Capellos Mannschaft war kürzlich das 1:0 gegen den Welt- und Europameister mehr als nur ein gelungener Test. Es war die Bestätigung dafür, dass die Engländer wieder eine ernst zu nehmende Größe sind im internationalen Fußball. Der problemlose Marsch durch die Qualifikationsgruppe hat die nach dem brachialen WM-K.o. gegen Deutschland aufkommenden Zweifel an dem Italiener einstweilen vertrieben. Capellos Hauptproblem bleibt, dass seine ausschließlich in der Premier League spielenden Profis in der anstrengendsten Liga der Welt bis weit in den Frühling hinein gefordert sein werden.

FRANKREICH

Souverän sieht anders aus, aber ein spätes Elfmetertor gegen Bosnien-Herzegowina und die damit geschaffte Qualifikation war für Franck Ribéry und seine Spießgesellen allemal genug, sich eine Favoritenrolle zuzuschanzen. „Natürlich wollen wir Europameister werden“, tönte Ribéry. Das klang schon wieder ein wenig nach jenen Franzosen, die im Sommer 2010 großspurig nach Südafrika gereist und mit der Schmach des sieglosen Ausscheidens und dem Makel des schlechten Benehmens zurückgekehrt waren. Laurent Blanc soll als Trainer den Erfolg zurückbringen, den er einst als Abwehrchef der Weltmeistermannschaft von 1998 erspielte.

SCHWEDEN

Vier Jahre Pause haben ihre erholsame Wirkung nicht verfehlt. Schweden hat die verpasste WM unter dem neuen Trainer Erik Hamren zum vorsichtigen Neuaufbau genutzt. Für den neuen, überraschend offensiven Stil stehen die 31 in der Qualifikation erzielten Tore – nur die Holländer (37) und Deutschen (34) profilierten sich noch mehr im Angriff. Interessanterweise war Schwedens prominentester Stürmer beim spektakulärsten Spiel des Jahres gar nicht dabei. Der Weltstar Zlatan Ibrahimovic fehlte beim 3:2 gegen Holland und ist doch immer noch unersetzbar im Nationalteam – trotz aller Skandale und Skandälchen, für die er seit Jahren gut ist.

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