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Sport: Überraschend ungenau

Ballack spielt gegen Wales – der Kapitän kann aber nicht die erhofften Akzente in der Offensive setzen

Die Wade der Nation ist geheilt. Das war die erste gute Botschaft des Abends. Michael Ballack konnte also doch spielen. Zwei Tage hatte der Mannschaftskapitän nicht mit dem Nationalteam trainieren können. Seine aus dem Russlandspiel am vergangenen Samstag erlittene Verletzung war mit Lasertechnik behandelt worden, mit Erfolg, wie sich zeigte. Wenn der 32-Jährige ausgefallen wäre, es wäre das 46. Länderspiel gewesen, das er seit Beginn seiner Auswahlkarriere im April 1999 verpasst hätte. Wie wichtig sein Dazutun sein kann, zeigte er bereits in der ersten Spielminute, als er dem Waliser Kapitän Craig Bellamy gekonnt den Ball wegnahm. Aus dem sofort eingeleiteten Gegenangriff erwuchs jedoch keine Gefahr.

„Gegen die Waliser müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen, als gegen die Russen, die stets die Offensive suchen“, hatte Joachim Löw vor dem Spiel gesagt. Unabhängig davon bot der Bundestrainer dieselbe Mannschaft auf wie vor vier Tagen beim 2:1-Sieg in Dortmund. Neben Ballack spielte der 26 Jahre alte Stuttgarter Kapitän Thomas Hitzlsperger im zentralen Mittelfeld. Der Bremer Torsten Frings saß erneut nur auf der Bank.

Ballack und Hitzlsperger sollten im Spielaufbau die Akzente setzen, was ihnen in der ersten Halbzeit nur bedingt gelang. Die Waliser standen tief und massiert in der eigenen Hälfte, bildeten aus zwei Viererketten ein echtes Bollwerk. Ihre Taktik zielte darauf ab, Gegentore zu verhindern. In dieser Kunst haben es walisische Mannschaften zu einer gewissen Meisterschaft gebracht.

Für gewöhnlich spielt man gegen solche Mannschaften mit hohem Balltempo und einem variablen Stellungsspiel. Flache, vertikale Pässe in die Spitze, oder aber ein druckvolles Flügelspiel sind probate Mittel. Doch die Deutschen hatten zu viele Ungenauigkeiten in ihrem Spiel, zudem fehlten die Überraschungsmomente. Zu selten kamen Piotr Trochowski auf der linken und Bastian Schweinsteiger auf der rechten Seite in den Rücken der walisischen Hintermannschaft, und wenn sie es mal bis zur Grundlinie brachten, blieben ihre Flanken hängen. Nach einer halben Stunde versuchten es die Deutschen vorrangig mit Weitschüssen. Doch Hitzlsperger, Schweinsteiger und Ballack scheiterten aus der Distanz. Das Bemühen der Mannschaft von Joachim Löw wirkte bisweilen einfallslos. Aber es ist ja keine ganz so frische Erkenntnis, dass solche Spiele einiges an Geduld einfordern, bei Spielern wie Zuschauern.

In der Pause reagierte Löw. Für den glücklosen Miroslav Klose brachte er Patrick Helmes. Die deutsche Nationalmannschaft versuchte es nun etwas schwungvoller, wenngleich sie das Manko der ersten Hälfte, die Passungenauigkeit, mitgenommen hatte. Trotzdem hatten die Aktionen jetzt mehr Tempo, was die Waliser immer mal wieder in leichte Verlegenheit brachte. Vor allem Ballack gelang es jetzt besser, das Spiel an sich zu ziehen, er verteilte die Bälle auf die linke und rechte Seite, von wo die Aktionen jetzt zwingender wurden. Trochowski und Helmes vergaben nach einer Stunde gute Chancen. Bisweilen ähnelte das Spiel der deutschen Fußballer dem einer Handballmannschaft, die den Ball entlang der gegnerischen Abwehr kreiseln ließ. Nur das entscheidende Anspiel kam nicht, zu viele Beine standen im Weg. Aber diese wurden wackeliger. Die Erlösung war groß, als sich für Trochowski eine Lücke auftat, der Hamburger abzog und der Ball im Netz zappelte. Mit der Führung im Rücken, kombinierte es sich etwas leichter.

Michael Ballack traf sogar noch mit einem Distanzschuss dem Pfosten. Aber einen so gelungen Auftritt wie beim 2:1 gegen Russland – da erzielte der Kapitän das zweite Tor – hatte Ballack gestern nicht. „Die Waliser haben sehr gut verteidigt“, sagte er nach dem Spiel.

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