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Sport: Uefa-Cup: Ein Superlos für Hertha

Alle freuen sich, alle sind glücklich, es ist, als hätte man jedem einen Porsche geschenkt. "Ein Superlos" sagen auch alle.

Alle freuen sich, alle sind glücklich, es ist, als hätte man jedem einen Porsche geschenkt. "Ein Superlos" sagen auch alle. Logisch, eine andere Antwort ist auch nicht zu erwarten. Hertha BSC spielt in der dritten Runde des Uefa-Pokals gegen Inter Mailand, klar, dass Trainer und Manager und Spieler hochzufrieden sind. Gestern war in Genf die Auslosung, und Hertha erhielt gleich mal Heimrecht. Am Dienstag, 21. November, kommt Inter nach Berlin, voraussichtlich am 7. Dezember spielt Hertha in Mailand.

Da haben sie im vergangenen Jahr gespielt, allerdings in der Champions League und gegen Inters Ortsrivalen AC Mailand. Hertha spielte 1:1, besiegte in Berlin den AC1:0, am Ende kippten die Italiener aus dem Europacup, und Hertha zog sensationell in die Zwischenrunde ein. Jetzt also Inter. "Auf dem Papier ist Inter stärker, aber in der Champions League haben wir ja gezeigt, wozu Hertha in der Lage ist", sagt Dieter Hoeneß, der Hertha-Manager. Und Jürgen Röber, der Trainer, sekundiert: "Wir haben keine Angst." Natürlich haben sie keine Angst. Da muss man nur mal Michael Preetz, dem Torjäger zuhören: "Wir können jede Mannschaft in Europa schlagen." Schönen Gruß an Manchester United und an Real Madrid. Ach, und an den FC Barcelona natürlich, Zwischenrundengegner 1999. Hertha unterlag in Barcelona 1:3 und wurde zeitweise vorgeführt. Hertha und Inter trafen im Übrigen, in der Saison 69/70, im Viertelfinale des Messepokals, schon einmal aufeinander. Inter verlor in Berlin 0:1, siegte aber zu Hause 2:0 - und stand damit im Halbfinale. Marko Rehmer, dem Nationalverteidiger, dürfte dies allerdings ziemlich egal sein. Er ist ebenfalls happy. "Das ist ein tolles Los, auch für die Fans."

Keine Frage. Schließlich gewann Inter elfmal die Italienische Meisterschaft, dreimal den Uefa-Pokal (1991, 1994, 1998) und zweimal den Europapokal der Landesmeister (1964 und 1965). Im Moment allerdings hängt das Team, für das einst Jürgen Klinsmann, Lothar Matthäus und Andreas Brehme gleichzeitig spielten, ziemlich durch. Inter liegt in der Meisterschaft nur auf Platz acht und scheiterte in der Qualifikation zur Champions League sogar am Schwedischen Meister Helsingborg IF. Zur Strafe musste Inter in den Uefa-Pokal.

Und wenn es einen Preis für die melancholischste Mannschaft Italiens gäbe - Inter wäre der erste Anwärter darauf. Das gilt vom Vereinspräsidenten Moratti mit seinem immer etwas verlegenen Lächeln über seinen neuen Trainer Ancelotti mit seinen bei Fragen gerne hochgezogenen Schultern bis zu Spielern wie Nationalspieler Christian Vieri. Dieser weicht nach seiner Verletzungspause noch immer unglücklich Fragen nach seiner Kondition aus. Auch der derzeit nicht einsetzbare brasilianische Superstar Ronaldo gehört in die Reihe jener Kicker, die momentan eher traurig da stehen, als südländisch fröhlich zu sein.

Doch die deprimierte Haltung spiegelt im Grunde nur wider, was dem Verein selbst seit Jahren widerfährt: Immer wieder ein Neuanfang, immer wieder riesige Hoffnungen, und immer wieder ein harter Rückfall in die Mittelmäßigkeit. Der Verein, der Anfang des Jahrhunderts als bewusster Kontrast zum bulligen AC Milan aufgebaut worden war, - er steht beständig am Abgrund. Und seit Jahren nur noch im Schatten der Konkurrenz vom AC. Trotzdem feierten die Inter-Anhänger das 1:1 gegen Vitesse Arnheim, das Inter am Donnerstag den Einzug in die dritte Uefa-Cup-Runde sicherte, fast schon wie eine Art vorgezogenen Cup-Gewinn. Präsident Moratti sieht nun "nach der immensen Durststrecke" endlich "Licht am Ende des Tunnels" und fühlt die "Mannschaft zusammenwachsen, mit einem wieder erstarkenden Vieri". Dass derlei Ermutigung, wie sympathisch sie auch immer wirkt, am Ende dann doch wieder nur Melancholie zurücklässt - wer weiß, es muss wirklich am Charakter dieses Vereins liegen.

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