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Real Madrid gegen den FC Liverpool. Wenn es nach den europäischen Großklubs geht, gibt es dieses Duell demnächst nur noch in einer neu gegründeten Superliga.

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Update

Uefa und Fifa brüskiert: Zwölf Klubs wollen offiziell Superliga gründen

Einen Tag, bevor die Reform der Champions League beschlossen werden soll, werden neue Pläne über eine Superliga der europäischen Fußball-Elite bekannt.

Zufall oder doch eiskalte Berechnung? Einen Tag, bevor der europäische Fußballverband Uefa die umstrittene Reform der Champions League beschließen will, sind erneut Pläne bekannt geworden, dass die europäischen Spitzenklubs die Gründung einer eigenen Superliga planen.

Teilnehmer, Modus, Finanzen: Zwölf Clubs aus drei Ländern haben sich so konkret wie nie und erstmals in aller Öffentlichkeit zu ihren Plänen für eine neue Superliga bekannt und dem europäischen Fußball damit mächtig vors Schienbein getreten. Die meisten heimischen Fans der Mannschaften schliefen da bereits - im Gegensatz zu Anhängern in den lukrativen Märkten in Nordamerika und Asien.

Wie die Superliga offiziell heißt, ging aus den Mitteilungen auf den Webseiten der Clubs nicht eindeutig hervor: Sowohl von „European Super League“ wie auch mehrheitlich von „Super League“ war die Rede. „Chairman“, also Vorstandsvorsitzender, soll der spanische Funktionär und Real-Madrid-Präsident Florentino Perez werden.

Klar definiert ist auch die Liste der Gründungsmitglieder: Der FC Arsenal, Manchester United, der FC Liverpool, Tottenham Hotspur, der FC Chelsea und Manchester City aus England sind dabei, die beiden Mailänder Clubs AC und Inter sowie Juventus Turin aus Italien und die spanischen Topclubs FC Barcelona, Atletico Madrid und Rekordmeister Real Madrid. Diese zwölf Schwergewichte gehen zudem davon aus, dass sich noch drei weitere Clubs ihrem Zirkel anschließen werden - aus Deutschland oder Frankreich etwa ist bislang keine Mannschaft dabei.

Mit der angeblich weltweiten Nachfrage nach einem neuen Wettbewerb, der über eine ganze Saison hinweg zahlreiche Spitzenspiele mit vielen der klangvollsten Namen des europäischen Fußballs garantiert, argumentierte Pérez in der Mitteilung: „Wir werden dem Fußball auf jedem Level helfen und ihn zu seinem rechtmäßigen Platz in der Welt bringen. Fußball ist der einzige globale Sport auf der Welt mit mehr als vier Milliarden Fans, und unsere Verantwortung als große Clubs ist es, auf deren Begehrlichkeiten zu reagieren.“

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Gelockt wird mit der Ankündigung, dass den Gründungsvereinen zunächst 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen sollen - bei einer Einlage von, so geht aus der Mitteilung des börsennotierten Clubs Juventus Turin hervor, zwei Millionen und, falls nötig, bis zu weiteren acht Millionen Euro je Gründungsmitglied.

Der größte Teil der Einnahmen soll wohl wie üblich aus der Vermarktung der TV-Rechte kommen. Die Vereine wollen auch Solidaritätszahlungen leisten und so nach eigenem Bekunden dafür sorgen, dass die ganze europäische Fußball-Pyramide von ihrem Plan profitiert.

Gespielt werden soll mit insgesamt 20 Mannschaften in zwei Zehnergruppen, danach im aus der Champions League bekannten K.o.-System mit Hin- und Rückspielen in Viertel- und Halbfinals sowie einem Endspiel an neutralem Ort. Die fünf zusätzlichen Teams sollen sich jedes Jahr aufs Neue qualifizieren müssen - wie und auf Grundlage welcher Wettbewerbe, das ließen die Gründer offen.+

Wie bislang im Europapokal soll das alles an den Tagen der Wochenmitte zu sehen sein - ein weiterer Beleg für den Frontalangriff auf die Königsklasse, deren Reform die UEFA bei der um 9.00 Uhr am Montag beginnenden Sitzung des Exekutivkomitees eigentlich beschließen wollte. Von der Saison 2024/25 sollen 36 statt bislang 32 Teams an der Champions League teilnehmen, deren bislang ausgebliebene Anpassung die Superliga-Gruppe zusammen mit den finanziellen Folgen der Corona-Pandemie als Begründung für ihren Schritt angibt.

Die FIFA, DFL und Fan-Netzwerk sprechen sich gegen das Konzept aus

Die Clubs betonen zwar, man freue sich nun auf die Diskussionen mit der FIFA und der UEFA und wolle partnerschaftlich daran arbeiten, das beste Resultat für die neue Liga und den Fußball als Ganzes zu erreichen - die Vorfreude aber ist wohl recht einseitig. Ohne die Superliga beim Namen zu nennen, brachte der Weltfußballverband FIFA noch in der Nacht in einer Stellungnahme seine „Missbilligung“ zum Ausdruck über alle Pläne, welche die „Grundprinzipien Solidarität, Inklusivität, Integrität und gleichberechtigte finanzielle Umverteilung“ nicht widerspiegeln. Zudem bekräftigten die Uefa sowie die nationalen Verbände und Ligen aus Spanien, England und Italien, dass beteiligte Klubs und auch Spieler für andere Wettbewerbe bis hin zur WM gesperrt werden könnten: „Genug ist genug.“

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Auch Christian Seifert, der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sprach sich am Sonntag gegen die Pläne aus: „Wirtschaftliche Interessen einiger weniger Topklubs in England, Italien und Spanien dürfen nicht die Abschaffung gewachsener Strukturen im europäischen Fußball zur Folge haben“, erklärte Seifert. Die DFL lehne jedes Konzept einer europäischen Super League ab.

Die Pläne der Großklubs wurden unmittelbar vor der Sitzung des Exekutivkomitee der Uefa an diesem Montag bekannt. Die Sitzung soll auch nach der Ankündigung der zwölf Klubs wie geplant um 9.00 Uhr beginnen. Dabei soll die Aufstockung der Champions League von 32 auf 36 Teilnehmer und die Einführung eines neuen Modus beschlossen werden. Zwei der vier neuen Plätze sollen dabei nicht mehr wie bislang üblich aufgrund von Leistungen aus der vorigen Saison vergeben werden. Stattdessen sollen die Platzierungen der Vereine in der Uefa-Fünfjahreswertung ausschlaggebend sein. Dies war ein Wunsch der mächtigen Klub-Vereinigung ECA gewesen, die mit zwei Vertretern in der Exekutive des Kontinentalverbands sitzt.

Am Freitag war von einem Konsens zwischen der ECA und der Uefa-Kommission für Klubwettbewerbe (CCC) über die Details berichtet worden. Der Beschluss schien deshalb Formsache. Der „Times“ zufolge will die Uefa von ihrem Plan auch nicht abrücken. Die Gründung einer Superliga war in den vergangenen Jahren immer dann ins Gespräch gebracht worden, wenn es um die Verteilung der TV-Gelder im Europapokal ging.

Scharfe Kritik gab es auch vom europäischen Fan-Netzwerk Football Supporters Europe (FSE). „Dieser geschlossene Wettbewerb wird der letzte Nagel im Sarg des europäischen Fußballs sein und alles zerstören, was ihn so beliebt und erfolgreich gemacht hat“, hieß es in einer Erklärung am Sonntag. „Diese Pläne sind von Grund auf illegitim, unverantwortlich und gegen jeglichen Wettbewerb. Mehr noch, sie werden ausschließlich aus Gier vorangetrieben.“ (Tsp/dpa)

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