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Uerdingen: Nur die Kampfbahn ist geblieben

Der KFC Uerdingen hat sich vom Niedergang nach Bayers Ausstieg nie erholt. Mit Trainer Aleksandar Ristic will der KFC jetzt die vierte Klasse halten.

In der kommenden Saison wird es im Krefelder Stadtteil Uerdingen wenigstens wieder eine Idee von großem Fußball geben. Der KFC hat einen neuen Trainer verpflichtet, einen mit renommiertem Namen. Der Vorstand wollte jemanden haben, der Erfahrungen im Profifußball vorweisen kann. Mit Horst Köppel haben sie noch vergeblich verhandelt, doch dann konnten sie immerhin Aleksandar Ristic für den Verein gewinnen. Der KFC Uerdingen verfolgt jetzt ehrgeizige Ziele: Er will viertklassig bleiben. Damit sich die Mannschaft für die neue Regionalliga qualifiziert, muss sie in der neuen Saison unter die ersten vier in der Oberliga Nordrhein kommen. In der vergangenen Saison ist sie Zehnter geworden.

Edgar Geenen erinnert sich noch gut an den Tag, an dem der große Fußball seinen Abschied aus Uerdingen bekannt gab. Es war im Oktober 1994, Geenen arbeitete als Geschäftsführer bei Bayer 05 Uerdingen und war zu einem Gespräch in die Bayer-Konzernzentrale nach Leverkusen bestellt worden. Er ahnte schon, was kommen würde. Erste Gerüchte, das Unternehmen werde seine Unterstützung für den kleineren seiner beiden Fußball-Bundesligisten einstellen, hatte es schon länger gegeben. Nun wurde die Ahnung zur Gewissheit. Jürgen von Einem, Bayers Sportbeauftragter, überbrachte die schlechte Nachricht. „Ihr könnt Argumente bringen, wie ihr wollt“, sagte er. „Das ist eine politische Entscheidung.“ Von ihr hat sich der DFB-Pokalsieger des Jahres 1985 nie mehr erholt. Geblieben ist nur die Grotenburg-Kampfbahn, in der Bayer im März 1986 im Europapokal der Pokalsieger 7:3 gegen Dynamo Dresden gewann – nach einem 1:3-Rückstand zur Pause und einem 0:2 im Hinspiel.

Die aktuelle Mannschaft spielt immer noch in der Grotenburg, doch wenn die Gegner SV Straelen, GFC Düren oder VfB Speldorf heißen, finden sich auf den 34 500 Plätzen manchmal gerade noch 650 Zuschauer ein. „Es ist anstrengend, vor so leeren Rängen zu spielen“, sagt Ralf Houben, seit März 2005 Vorsitzender des Klubs.

Houben, 49, hat die großen Zeiten noch miterlebt. Er war sechs, als ihn sein Großvater zum ersten Mal mit ins Stadion genommen hat, und hat selbst in Bayers Nachwuchsmannschaften gespielt. Die Jugendarbeit der Uerdinger galt immer als vorbildlich – dank Bayer. Als der Verein nicht mehr zum Konzern gehörte, verlor er auch die, wie Houben sagt, genialen Trainingsmöglichkeiten auf Bayers Werksgelände: „Wir wurden von der Anlage verwiesen und auf die ganze Stadt verteilt. Grauenhaft.“ Edgar Geenen nennt die Zeit nach dem Oktober 1994 ein „Sterben auf Raten“, obwohl Bayer 05 vom Konzern ein seichter Übergang in die Selbstständigkeit gewährt wurde. Ein Jahr lang bekam der Klub, der sich in KFC Uerdingen umbenannt hat, noch die gleiche finanzielle Unterstützung wie zuvor. „Es fehlte nicht an Pioniergeist“, sagt Geenen. „Aber da musste man einfach Realist sein: Wir hatten keine Chance auf Profisport.“

Am Ende des Übergangsjahres stieg der KFC aus der Bundesliga ab – es war nur der Anfang des Niedergangs. 1999 ging es runter in die Regionalliga, 2005 wurde der Verein vom DFB wegen Lizenzbetrugs in die Oberliga verbannt. Immerhin hat es der neue Vorstand um Ralf Houben geschafft, mihilfe eines sogenannten Insolvenzplanverfahrens mehr als zwei Millionen Euro Verbindlichkeiten abzubauen. Der Verein ist jetzt schuldenfrei, aber alles andere als reich. Für die neue Saison plant der KFC mit einem Etat von knapp 600 000 Euro. Fraglich ist aber, ob das Geld für die großen Ziele reicht.

Houben kämpft hart um Sponsoren, auch um den Bäcker an der Ecke, der die Verpflegung für den Vip-Raum liefert. Edgar Geenen, der nach Stationen als Sportdirektor bei 1860 München und dem 1. FC Nürnberg inzwischen als Unternehmensberater in München arbeitet, hat gute Erinnerungen an seine Vergangenheit in Uerdingen. „Das war ein schöner Verein“, sagt er. „Wirklich.“

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