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Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung gegen Uli Hoeneß.

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Uli Hoeneß und die Steuerhinterziehung: Muss der FC-Bayern-Präsident ins Gefängnis?

Uli Hoeneß hat sich selbst angezeigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. Welche Ausmaße hat der Fall?

Der Präsident des FC Bayern München hat der Staatsanwaltschaft ein Konto (oder auch mehrere) in der Schweiz gebeichtet, wo er Geld gebunkert und die Erträge darauf nicht versteuert hat. Am Samstag wurde die Selbstanzeige publik, wohl nicht ohne Zutun von Uli Hoeneß selbst. Der 61-Jährige, Weltmeister, Europameister, Deutscher Meister, einer der schnellsten Außenstürmer seiner Zeit, als Fußballmanager immens erfolgreich, hat sich damit selbst an den Pranger gestellt. Das Image des Saubermanns in einer Branche, deren Finanzgebaren nicht immer ganz koscher ist, ist angekratzt. Die Selbstanzeige könnte auch politische Folgen haben – in Bayern wird im Herbst gewählt, Hoeneß gilt als CSU-Anhänger (auch wenn er im Münchner OB-Wahlkampf den SPD-Kandidaten unterstützt) und wurde von der bayerischen Dauerregierungspartei gern hofiert.

Was hat Hoeneß getan, um welche Summen geht es?
Da der Bayern-Präsident schweigt, was in einem laufenden Verfahren üblich ist, schießen die Spekulationen ins Kraut. Liegen „hunderte Millionen“ in der Schweiz, wie die Münchner „Abendzeitung“ zu wissen glaubt? Doch woher sollten die kommen? Hat Hoeneß möglicherweise an Transfers heimlich mitverdient? Alles Spekulationen.

Sicher ist, dass Hoeneß als Fußballprofi gut verdient hat, dann auch als Manager, und er betreibt in Nürnberg die HoWe Wurstwaren KG (Hoeneß ist Metzgerssohn), die zuletzt einen jährlichen Umsatz von etwa 45 Millionen Euro hatte. 10000 Tonnen Nürnberger Würstchen werden dort produziert, Geschäftsführer ist sein Sohn Florian. „Hunderte Millionen“ sammeln sich da auch bei bester Geschäftslage eher nicht an. In seinem Steuerverfahren soll Hoeneß eine Vorabzahlung von knapp sechs Millionen Euro geleistet haben. Der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, schließt daraus, dass Hoeneß „mindestens zehn Millionen Euro Einnahmen nicht angegeben hat“, wie er „Bild am Sonntag“ sagte. Steuerhinterziehung verjährt nach zehn Jahren – damit hätte Hoeneß grob gerechnet mindestens eine Million pro Jahr verschwiegen, wenn das Konto schon seit 2003 besteht. Daraus lässt sich ableiten, dass der Kontostand wohl im mittleren zweistelligen Millionenbereich liegt. Aber auch das ist Spekulation.

Welche Vorteile hätte Hoeneß von dem deutsch-schweizerischen Steuerabkommen gehabt?
Hoeneß hat gute Nerven und mit seiner Selbstanzeige offenbar lange gewartet. Er hat darauf gesetzt, dass das von der schwarz-gelben Koalition geplante Steuerabkommen mit der Schweiz trotz der Ablehnung durch die rot-grüne Opposition im Bundesrat zustande kommt. Als er im Dezember sah, dass er sich getäuscht hatte (das Gesetz scheiterte im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat), ging er zu seinen Anwälten und zeigte sich dann am 13. Januar selbst an. Das Abkommen hätte ihn zwar auch einige Millionen Euro gekostet, aber sein Fall wäre nie publik geworden.

Die Bundesregierung hatte mit Bern vereinbart, dass schwarze Konten von Deutschen in der Schweiz pauschal mit einer Einmalzahlung zwischen 21 und 41 Prozent auf das gesamte nicht versteuerte Vermögen belastet werden. Für die Zukunft war vereinbart, auf die Erträge die deutsche Abschlagsteuer zu erheben. Die Konteninhaber wären aber ungenannt geblieben. SPD, Grüne und Linke lehnten das Abkommen ab, weil Steuerhinterzieher aus ihrer Sicht zu gut weggekommen wären. Unklar ist, welche Summen am Ende in die deutsche Staatskasse geflossen wären.

Eine wesentliche Rolle in dem Streit zwischen Regierung und Opposition spielte, dass einige SPD-regierte Länder, voran Nordrhein-Westfalen, auf den weiteren Ankauf von Daten deutscher Konteninhaber in der Schweiz setzten, um dadurch Steuerhinterzieher zu erwischen – auch wenn das Sammeln und Verkaufen solcher Daten in der Schweiz strafbar ist.

Die Zahl der Selbstanzeigen geht zurück

Keine sichere Bank.
Keine sichere Bank.

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Wie war die Wirkung der angekauften Steuer-CDs?
Das weiß man insgesamt nicht genau, denn nicht alle Finanzbehörden der Länder machen dazu konkrete Angaben. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) teilte vorige Woche aber mit, dass das Unternehmen „Steuer-CD-Kauf“ seinem Land seit 2010 etwa 670 Millionen Euro Mehreinnahmen gebracht habe. Allerdings geht die Summe nur zum Teil darauf zurück, dass sich auf den Datenträgern unbekannte Steuerhinterzieher finden.

Insgesamt waren auf den von NRW gekauften CDs (und das waren bislang die meisten) 9357 deutsche Anleger verzeichnet, davon 3088 in Nordrhein-Westfalen wohnhaft. Von denen, die beim Hinterziehen erwischt wurden, konnte das Land 70 Millionen Euro an Steuern eintreiben und etwa 200 Millionen an Strafen und Geldbußen. Weit einträglicher waren aber die Selbstanzeigen, die im Zeitraum der Datenkäufe erfolgten und mutmaßlich zu einem großen Teil darauf zurückgehen. Dadurch flossen 400 Millionen Euro ins NRW-Landessäckel.

Was hat es mit den Selbstanzeigen auf sich, und wie haben sie sich entwickelt?
Der Haupteffekt der CD-Ankäufe seit 2010 scheint somit zu sein, dass sich viele Steuersünder selber beim Finanzamt melden. Die Berichterstattung macht wohl viele Kontenbesitzer nervös. Nach einer aktuellen Aufstellung des Wiesbadener Finanzministeriums für den Tagesspiegel gingen seit 2010 in Hessen 4692 Selbstanzeigen ein. Der Löwenanteil – 3467 Anzeigen – entfiel gleich auf das Jahr 2010, danach gingen die Zahlen merklich zurück: 2011 waren es 450 Anzeigen, im Jahr darauf 492. Freilich kam es im August 2012 (da hatte NRW mal wieder gekauft) zu einem Ausschlag nach oben – 135 Selbstanzeigen in einem Monat. Seit Januar zieht die Zahl wieder an, bis Mitte April haben sich in Hessen schon 283 Steuersünder offenbart. In der SPD wird das als Indiz gewertet, dass die Ablehnung des Steuerabkommens richtig war.

Kommt es zu einem Strafverfahren, könnte Hoeneß ins Gefängnis wandern

Was droht Uli Hoeneß nun?
Eine fette Nachzahlung wird in jedem Fall fällig: Hoeneß muss das nicht deklarierte Einkommen nachversteuern, sechs Prozent Verzugszinsen pro Jahr zahlen plus fünf Prozent Extrazahlung für die Einstellung des Verfahrens. Ein Strafverfahren muss er nur fürchten, wenn er nicht den ganzen Umfang seiner Steuerhinterziehung angibt und wenn er vor seiner Selbstanzeige Kenntnis von einem bereits eingeleiteten Verfahren hatte (all das untersuchen die Staatsanwälte ).

Käme es zu einem Strafverfahren, könnte Hoeneß ins Gefängnis wandern – denn der Bundesgerichtshof hat 2012 das fällige Strafmaß verschärft. Demnach kann nicht mehr mit Bewährung rechnen, wer dem Staat mehr als eine Million Euro vorenthalten hat.

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