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Sport: Ullrichs schwerste Steigung - der Radprofi will die Vuelta "gut durchfahren"

So steil bergauf ging es für Jan Ullrich noch nie. Gemeint ist nicht etwa ein frappierender Anstieg seiner Form, sondern die Steigung zum Alto de El Angliru bei der am Samstag beginnenden Spanien-Rundfahrt.

So steil bergauf ging es für Jan Ullrich noch nie. Gemeint ist nicht etwa ein frappierender Anstieg seiner Form, sondern die Steigung zum Alto de El Angliru bei der am Samstag beginnenden Spanien-Rundfahrt. Fürs reine Spektakel lassen die Organisatoren der Vuelta die achte Etappe in der Cordillera Cantabrica im Nordwesten mit einem Anstieg enden, der motorisiert wohl nur mit Allrad-Antrieb und auf dem Rennrad nur mit Montainbike-Übersetzung zu bewältigen ist. Beim 12,5 km langen Anstieg auf den 1580 m hohen Berg beträgt die durchschnittliche Steigung zehn, das steilste Stück 24 Prozent. "Wir müssen vorn ein drittes Kettenblatt vom Mountainbike montieren", sagt Rudy Pevenage, bei der Vuelta der sportliche Leiter des Teams Telekom. Für Begleitfahrzeuge sei die Passage gesperrt.

Die brutale Kletterwand für Radprofis zeigt den Ehrgeiz der Spanier, wenn auch noch nicht den Mythos, so doch die Tortur der Tour de France zu überbieten. Die Strecke ist mit 3480 Kilometern, verteilt auf Prolog und 21 Etappen, fast so lang wie die Tour (3686 km), das Profil mit 14 Hochgebirgspässen und fünf Bergankünften aber schwerer. Zwei Zeitfahren über zusammen 97 Kilometer haben Tour-Format. Wenn das Peloton auf das Dach der Vuelta in den Pyrenäen klettert, werden bei Jan Ullrich schöne Erinnerungen an gelbe Zeiten wach. Auf der 2230 Meter hohen Skistation Arcalis in Andorra schlüpfte der deutsche Telekom-Star 1997 erstmals ins Gelbe Trikot und zog es bis Paris nicht mehr aus. An einen Sieg bei der Vuelta denkt der Tour-Sieger von 1997 indes nicht. "Ich bin kein Zaubermeister." Fünf Wochen im Sattel auf 2800 Kilometern reichen noch nicht, um nach zwei Monaten Rennpause wieder in Siegesform in die Pedale zu treten. "Jan fährt die Vuelta ohne jeglichen Druck", sagt Pevenage. "Durchfahren" hat sich Ullrich zum Ziel gesetzt. Der einstige Siegfahrer ist mittlerweile auf Rang 311 der Weltrangliste zurückgefallen.

Sein Leistungsvermögen will er in Spanien schon fürs nächste Jahr wieder auf 80 Prozent steigern. "Nach der Vuelta möchte ich einigermaßen vorne wieder mitfahren können, bei der Straßen-WM und bei der Lombardei-Rundfahrt." Wie er das so sagt, wirkt Jan Ullrich entspannt und zuversichtlich. Pevenage traut ihm auch bei der Vuelta einiges zu. "In der zweiten Hälfte werden wir etwas vom alten Jan Ullrich sehen." Im zweiten Teil geht es über die Pyrenäen und hinauf nach Arcalis . . .

Die Schweizer Zeitung "Sport" reiht Jan Ullrich (drei Sterne) sogar in den Kreis der Favoriten ein, angeführt vom Schweizer Tour-Zweiten Alex Zülle (fünf Sterne) und den Spaniern Abraham Olano und Fernando Escartin (je vier Sterne). Jose-Maria Jiminez, Angel Casero, Laurent Dufaux, Pawel Tonkow, Bobby Julich, Oscar Camenzind, Frank Vandenbroucke und Laurent Jalabert komplettieren das illustre Peloton. Die Vuelta ist besser besetzt als Giro und Tour. Aus der Elite fehlen nur die Tour-Sieger 1998 und 1999, Lance Armstrong und Marco Pantani.

Hartmut Scherzer

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