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Mit offenem Visier. Max Hartung setzt sich für die Athleten in Deutschland ein.

© dpa

Unabhängige Vertretung feiert Geburtstag: "Verein Athleten Deutschland": Endlich auf Augenhöhe

Seit einem Jahr gibt es den Verein zur unabhängigen Vertretung der Sportler in Deutschland. Max Hartung und seine Mitstreiter haben noch viel vor.

Max Hartung und seine Mitstreiter hatten eigentlich Grund zum Feiern. Der Säbelfechter und Gründungspräsident hat gleichzeitig mit seinem „Verein Athleten Deutschland“ in der vergangenen Woche Geburtstag gefeiert. Die Initiative zur unabhängigen Vertretung der Sportler ist nun ein Jahr alt. Vom Bundesinnenministerium (BMI) gab es ein hübsches Präsent. Der Sportausschuss des Bundestags hat bestätigt, den Verein auch im kommenden Jahr mit Geld zu fördern. „Es ist ein positives Zeichen“, sagt Hartung. Er selbst wurde 29 Jahre alt. „Aber wir möchten die Sektkorken nicht zu früh knallen lassen.“ Viel bleibt noch zu tun.

Da ist das große Projekt Sportreform, der Kampf gegen Doping, die duale Karriere der Athleten sowie deren Förderung. Im gewählten Gremium sitzen Sportler aus Eisschnelllauf, Schwimmen, Rudern, Schießen, Kanupolo und Fechten. Auch aus dem paralympischen Sport, wie Hartung betont. Sie wollen den Sportlern eine Stimme geben, Richtung BMI und Verband, aber auch Richtung Öffentlichkeit: Sie wollen Verständnis schaffen für Belange und Bedürfnisse – auf Augenhöhe, nicht als Bittsteller. Die Sportler sind es schließlich, die die Medaillen letztlich auf der Matte, Laufbahn, im Becken und anderswo erkämpfen müssen – und dafür viel Kraft und Leidenschaft, auch Lebenszeit einsetzen. Allzu oft gerät das bei der nüchternen Zweck-Mittel-Relation im Streben von organisiertem Sport und Politik nach der Weltspitze in den Hintergrund.

Anfangs wenig Gegenliebe des DOSB

Anfangs stießen die Athleten deshalb auch auf wenig Gegenliebe beim Deutschen Olympischen Sport-Bund (DOSB). Der Dachverband hätte die Mittel aus dem Bundeshaushalt für den Athletenverein gern selbst zugewiesen, um die Sportler weiter an der kurzen Leine zu halten. Freilich sagte das niemand so offen. Aber es war doch recht offensichtlich, betont Hartung. „Wir sind sehr froh, dass wir das Geld jetzt unmittelbar vom BMI bekommen. Damit können wir wirklich unabhängig und im Interesse der Sportler agieren – auch wenn das mal für den Verband unbequem ist.“

Es geht dabei um den Schutz vor Machtmissbrauch. Hartung sagt das so deutlich. „Wir machen unseren Sport mit sehr hoher Motivation, stecken viel da rein, haben dann wenig Alternativen. Das ist ein sehr verletzliches Gefüge“, sagt der Säbelfechter. Weil es von Abhängigkeit lebt: Abhängigkeit vom Erfolg, von Gesundheit, von fördernden Betreuern und Funktionären. Hartung nennt die jüngst diskutierten Missbrauchsfälle im Turnen in den USA, aber auch national etwa im Reitsport als Beispiel. Oder etwa Doping, wenn versucht würde, den Erfolg auf betrügerischem und dazu gesundheitsschädlichem Weg zu erzwingen.

Augenhöhe. DOSB-Chef Michael Vesper mit den Athletensprechern Max Hartung und Silke Kassner.
Augenhöhe. DOSB-Chef Michael Vesper mit den Athletensprechern Max Hartung und Silke Kassner.

© Henning Kaiser/dpa

Aus dieser Abhängigkeit möchte der Verein seine Sportler wenigstens ein Stück weit herausführen. „Die Geschichte in Deutschland, speziell in der DDR, hat zu Genüge gezeigt, wie Sport nicht sein soll. Wir möchten es heute besser machen. Das geht nur durch Aufklärung – und genau die versuchen wir zu leisten“, sagt Hartung.

Für das nächste Jahr hat das BMI dem Verein 450 000 Euro zugesagt. Das Geld wollen Hartung und seine Mitstreiter dafür nutzen, dass Entscheidungen künftig nicht mehr an den Sportlern vorbeilaufen. Vor allem bei der Spitzensportreform war das zuletzt oft so, erzählt Hartung. Man hatte den Sportlern zwar die Mitsprache in den Gremien versprochen. Faktisch lief es aber oft anders – schon allein, weil die Sportler neben Training, Studium und anderen Verpflichtungen nicht immer Zeit fanden, an jeder Sitzung teilzunehmen. Die Athleten fühlten sich nicht gut eingebunden und schlecht informiert. Obwohl die Änderungen Gegenwart und Zukunftsplanung eines jeden von ihnen ganz direkt betrafen, wenn es etwa um die künftige Mittelvergabe und Streichung von Stützpunkten ging.

Sportler sprechen von Paradigmenwechsel

„Wir hoffen, dass wir das mit hauptamtlichen Vertretern künftig besser hinbekommen“, sagt Hartung. Die Bewertung der Sommersportverbände steht noch bevor. Auch bei der Mittelverteilung der schon beurteilten Wintersportverbände ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Der Verein möchte mindestens drei Vertreter fest anstellen. Aktuell suchen sie neben Geschäftsführung auch Referenten für Leistungssport und Öffentlichkeitsarbeit. Ein festes Büro ist in Planung. All das soll 2019 passieren.

Für das vergangene Jahr kann man zumindest sagen, dass ein wichtiger Schritt getan ist. „Wir haben ein Umdenken erwirkt“, sagt Hartung. Man könne sogar von einem Paradigmenwechsel sprechen, meint er. Sportler würden in den Debatten öfter auf Augenhöhe wahrgenommen. Dass ihre Vertreter inzwischen regelmäßig im Sportausschuss des Bundestags vorsprechen, ist nur ein Anzeichen.

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