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Sport: Unbeschwert zum Erfolg

Die deutschen Frauen treten bei der Biathlon-WM mit einer verjüngten Besetzung an – und wollen eine gute Rolle spielen

Alle Weltcup-Starter sind im Biathlon-Jahrbuch des Weltverbands in Statistiken gepresst. Doch weil große Auftritte der C-Kader-Athletin Kathrin Hitzer für diese Saison eigentlich gar nicht eingeplant waren, fehlt sie in dem Buch. Eine Bekannte stellte flugs das monumentale Zettelwerk zusammen, nachdem die 20-jährige Hitzer in Hochfilzen Vierte im Sprint geworden und in Oberhof mit der Staffel auf Platz zwei gelaufen war. Es ist zu erfahren, dass Hitzer als Mädchen von einer Karriere als Fußballerin träumte, eine Biathlon-Pause einlegte, um ein 2,0-Abitur zu machen, Waldhorn und Heimorgel spielt und „frech, fröhlich, unbeschwert“ ist. Diese Unbeschwertheit hat die deutsche Überraschungsmeisterin doch noch ins Weltcupteam gebracht.

Hitzer und auch die 19 Jahre alte Magdalena Neuner, die in Oberhof ihren ersten Weltcupsieg feierte, verblüffen vor der heute beginnenden Weltmeisterschaft in Antholz im erfolgsverwöhnten deutschen Frauenteam. Jahrelang wurde es von den selben Gesichtern geprägt: Kati Wilhelm, Andrea Henkel, Martina Glagow und Uschi Disl. Nach Disls Karriereende vor einem Jahr sind Neuner und Hitzer nachgerückt – und haben die Stars in den eigenen Reihen überzeugt, obwohl sie das Gefüge des Teams verändern. Die 33 Jahre alte Katrin Apel, 2006 Olympiazweite mit der Staffel, flog zugunsten der Jungen aus dem Team. „Der frische Wind hat gut getan“, sagt die 30 Jahre alte Weltcup-Führende Wilhelm. Sie beneidet die Kolleginnen nicht, die sich „mit Sachen rumschlagen müssen, mit denen wir nichts zu tun hatten. Ich musste mich nicht um einen Manager kümmern und war froh, dass ich vom ersten Sponsor 500 Mark gekriegt habe. Auf die prasselt alles ein.“

Das hat auch Hitzer festgestellt. Die vielen Wettkämpfe nach der Abitur bedingten Pause haben sie ebenso gestresst wie das plötzliche öffentliche Interesse. In Ruhpolding biss sie sich Mitte Januar mit Magenschmerzen durch, in Pokljuka (Slowenien), beim letzten Weltcup vor der heute beginnenden Weltmeisterschaft, machte sie mal sechs, mal acht Schießfehler. „Da macht sich der mentale Stress bemerkbar“, sagt sie. Magdalena Neuner, die im Gegensatz zu Hitzer schon vor drei Jahren die Schule verließ und seither ganz auf Biathlon setzt, hat ihren eigenen Weg gefunden, um sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen: Sie lief beim Sprint in Oberhof mit Ohrstöpseln zum Sieg. Die beiden haben sogar Bundestrainer Uwe Müssiggang erstaunt. „Diese Konstanz habe ich ihnen nicht zugetraut“, sagt er. Neuner ist im Gesamt-Weltcup Sechste, Hitzer Elfte. Dazwischen liegt auf Rang sieben Martina Glagow (27 Jahre) und vor Neuner die Routiniers Kati Wilhelm (30, Erste) und Andrea Henkel (29, Vierte).

Neuner kann ihre Nervenstärke bereits heute (14.05 Uhr, live im ZDF) im Sprint zeigen. Außer ihr schickt Müssiggang noch die Olympiasiegerinnen Wilhelm und Henkel und Weltmeisterin Glagow ins Rennen, mehr als vier Deutsche dürfen nicht starten. Hitzer soll erst im Einzelrennen über zehn Kilometer am Mittwoch ihr WM-Debüt geben. Der Druck liegt freilich auf den Erfahrenen im Team. Müssiggang fordert von seinen Läuferinnen, dass sie in allen Rennen in den Medaillenkampf eingreifen. Schließlich haben sie in dieser Saison bisher 15 Podestplätze errungen, darunter fünf erste Plätze. Zudem ist Wilhelm rechtzeitig zur WM in Topform: Beim vorletzten Rennen vor der WM feierte sie in Pokljuka ihren ersten Saisonsieg, beim letzten Rennen übernahm sie das Gelbe Trikot von der Schwedin Anna Carin Olofsson.

Helen Ruwald[Antholz]

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