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Sport: Und wofür wollen die Damen mehr Geld?

Auf dem Weg nach Australien hatte Martina Hingis noch streitlustig die große Rebellion angezettelt, zum Sturm gegen die ungleichen Preisgelder im Herren- und Damentennis geblasen und einen Boykott angedroht. Doch bei den Australian Open liefern die Kolleginnen der Nummer eins alles andere als schlagkräftige Argumente, um den Aufstand gegen die Tennis-Institutionen zu untermauern: Wie im Schlaf spaziert die Schweizerin bisher durch das Turnier und muss kaum überflüssige Zeit auf dem Centre Court verbringen.

Auf dem Weg nach Australien hatte Martina Hingis noch streitlustig die große Rebellion angezettelt, zum Sturm gegen die ungleichen Preisgelder im Herren- und Damentennis geblasen und einen Boykott angedroht. Doch bei den Australian Open liefern die Kolleginnen der Nummer eins alles andere als schlagkräftige Argumente, um den Aufstand gegen die Tennis-Institutionen zu untermauern: Wie im Schlaf spaziert die Schweizerin bisher durch das Turnier und muss kaum überflüssige Zeit auf dem Centre Court verbringen.

Selbst im Viertelfinale gegen Arantxa Sanchez-Vicario, bei einem mühelosen 6:1, 6:1-Erfolg, dauerte der Arbeitstag der hoffnungslos überlegenen Schweizerin nur ganze 45 Minuten: "Ich bin nicht mal richtig warm geworden", sagte die dreimalige Australian-Open-Siegerin später spitz. Auch das Vergnügen der Beobachter hält sich bei diesem schwächsten Tennistreffen der letzten zehn Grand-Slam-Jahre in engen Grenzen: Für die Qualität der Matches hätten Hingis und Co. allenfalls das "halbe Geld verdient", merkte der "West Australian" in einem Kommentar an. Bereits heute traf Hingis im Halbfinale auf eine weitere Spanierin, Conchita Martinez: Die hatte zuvor in einem quälend langen Duell die Russin Elena Lichowtsewa mit 6:3, 4:6 und 9:7 bezwungen. "Dramatische Momente, aber auf tiefstem Niveau" entdeckte der "Herald Sun" in der langwierigen Auseinandersetzung.

In fünf Matches hielt sich Hingis, schon 1997, 1998 und 1999 überlegene Titel-Heldin im Melbourne Park, insgesamt nur vier Stunden und 33 Minuten mit ihren überforderten Gegenspielerinnen auf - pro Match also gut 54 Minuten. Unterhalb des Stundentakts verlor die Schweizerin nur ganze 23 Spiele in den fünf Partien, drei im ersten Match gegen Mirjana Lucic (Kroatien), sechs im zweiten gegen Justine Henin (Belgien), fünf im dritten gegen Alicia Molik (Australien), sieben im vierten gegen Sandrine Testud (Frankreich) und nun zwei gegen Sanchez-Vicario.

"Die Preisgeld-Diskussion", sagt ungewöhnlich offen Turnierdirektor Paul McNamee, "erledigt sich doch hier von selbst." McNamee ist mehr als überrascht, "wie tief die Kluft zwischen den Topspielerinnen und dem großen Rest ist". Mit ihrer feurigen Kolumne im Melbourner "Age", in der sie das "gravierende Unrecht" in der Preisgeld-Politik und die "Diskriminerung des Damentennis" anprangerte, stand die ehemalige WTA-Präsidentin Pam Shriver (USA) jedenfalls ähnlich isoliert da wie Meinungsmacherin Hingis.

Das Duell mit Sanchez-Vicari geriet für die 16 000 Zuschauer in der Rod Laver-Arena am "Australia Day" zur Farce. Von gerade 82 gespielten Punkten buchte die hilflose Spanierin nur 26 und ging auch zum dreizehnten Mal hintereinander gegen die Nummer eins als zweite Siegerin vom Court.

Für das zweite Halbfinale hatten sich schon am Mittwoch Lindsay Davenport und Jennifer Capriati qualifiziert. Auch deren berufliche Inanspruchnahme blieb dabei erschreckend dürftig: Capriati siegte 6:0, 6:2 gegen Ai Sugiyama, Davenport gewann 6:1 und 6:2 gegen Julie Halard-Decugis. Gut für Martina Hingis und ihre Koleginnen, dass sie nicht beim Einzug und Abgang die Stempeluhr drücken müssen und nach Arbeitszeit bezahlt werden.

Jörg Allmeroth

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