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Blankes Entsetzen. Herthas Spieler bestürmen Schiedsrichter Wolfgang Stark, doch der lässt die Partie nach minutenlanger Unterbrechung fortsetzen. Foto: Streubel

© BorisStreubel

Sport: Unfassbare Szenen

Hertha BSC spielt 2:2 in Düsseldorf und ist damit abgestiegen – aber das gerät in den Hintergrund.

Auf- und Abstieg aus der Fußball-Bundesliga sind an Dramatik kaum zu überbieten. Um das zu schaffen, muss Ungeheuerliches passieren. Es geschah: Das 2:2 (1:1) zwischen Hertha BSC und Fortuna Düsseldorf, das den Berlinern den Ab- und den Rheinländern den Aufstieg brachte, geriet durch unfassbare Szenen fast in den Hintergrund. Ob die Berliner Protest gegen die Wertung des Spiels einlegen, blieb zunächst offen.

Zunächst brachten die Berliner Anhänger das Spiel durch das Werfen von Feuerwerkskörpern fast zum Abbruch, dann stürmten die Düsseldorfer Zuschauer vor dem Abpfiff das Spielfeld kurz vor dem Spielende wie bei einem Spiel der Stars des FC Bayern auf dem Dorf, sie feierten schon den Aufstieg. Polizei und Ordner versuchten die Chaoten vom Rasen zu drängen, doch die blieben minutenlang am Spielfeldrand stehen.

Ein normales Fußballspiel war es nur eine Stunde lang. Nach dem 2:1 für Fortuna Düsseldorf drehte die Hertha-Kurve durch, Chaoten warfen unzählige Feuerwerkskörper wie Fackeln auf den Platz. Auch im Düsseldorfer Block wurde gezündelt und ein Bengalo geworfen, Donnerschläge gingen durch die Arena. Spieler und Verantwortliche versuchten die Fans zu beruhigen, die Partie stand da bereits vor dem Abbruch. Der drohte erneut in der Nachspielzeit.

Dass die Spieler ehrbar für den Aufstieg und gegen den Abstieg gekämpft hatten, ging fast völlig in Rauch, Schwefel und Platzstürmen unter. Hertha verlässt die Bundesliga, aber selten waren die Bilder so verstörend. Die Aufstiegsfeier der Düsseldorfer wurde von einem großen Polizei- und Ordneraufgebot begleitet.

Vor dem Anpfiff hatten sich die Berliner Spieler noch Mut vor dem Entscheidungsspiel zugesprochen. Zunächst ohne Wirkung: Nach wenigen Sekunden lief ein Düsseldorfer Konter über Maximilian Beister. Der wendige Angreifer schoss von außerhalb des Strafraums das 1:0 für die Fortuna – nach nicht einmal einer halbe Minute. Hertha fiel nach dem 25-Sekunden-Schock nicht in Starre. Das hatte auch damit zu tun, dass sich die Düsseldorfer nach der Führung weit zurückzogen. Doch die Berliner taten sich nicht schwer, Lücken in der fehlbaren Fortunen-Abwehr zu finden. So sprangen einige kleinere und größere Gelegenheiten heraus. Da beide Verteidigungslinien eher gestrichelt als solide waren, gab es Chancen zuhauf auf beiden Seiten.

Für Herthas Ausgleich musste jedoch wie im Hinspiel eine Standardsituation herhalten: Nach einem halbhohen Freistoß von Ronny, köpfte Änis Ben-Hatira völlig allein gelassen den Ausgleich. Auf beiden Seiten wurde munter auf das Tor geschossen, aber das Übergewicht der Chancen verschob sich allmählich zugunsten Herthas.

So hatte der Halbzeitpfiff eher etwas Erlösendes für die Düsseldorfer, die in der Gesamtwertung aber immer noch mit einem Tor vorne und damit in Bundesligareichweite lagen. Kurz nach Wiederanpfiff rückte die Erstklassigkeit noch näher, aber Bröker drosch den Ball über das Tor. Doch Berlin machte weiter Druck. Es war kein hochklassiges Spiel, aber in die erste Liga mauern wollte sich hier niemand, es ging mit viel Leidenschaft hin und her. Teilweise mit zu viel. Denn es passierte, was fast schon zum Standardprogramm dieser Hertha-Saison gehört: ein Platzverweis. Der zuvor schon am Rande der Legalität agierende Ben-Hatira sah nach einer Grätsche am Mittelkreis Gelb-Rot. Dann rissen bei den Berlinern alle Sicherungen: Erst fiel das 1:2 durch Ranisav Jovanovic, dann alle Hemmungen bei vielen der 5000 mitgereisten Berliner Anhänger. Die fliegenden Bengalos nahmen kein Ende. Als die Berliner auf dem Platz den Schock überwunden hatten und Raffael fünf Minuten vor Schluss den Ausgleich erzielt hatte, animierte das die Hertha-Kurve nur wieder zur Böllerei. Ein riesiges Polizeiaufgebot postierte sich vor dem Block. In den sieben Minuten Nachspielzeit warf Hertha alles nach vorne, dann rannten die Düsseldorfer los und auch auf dem Feld flogen die Fäuste. Das noch einmal wieder angepfiffen wurde, war fast ein Wunder.

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