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Sport: Unfreundlicher Freund

Steve Nash wirft seinen besten Kumpel Dirk Nowitzki aus den NBA-Play-offs

So hatte man ihn noch nicht gesehen. Dirk Nowitzki, der ruhige Franke in Diensten der Dallas Mavericks, der Star, dem alle nachsagen, er sei ein wenig zu nett, um ein wirklicher Superstar in der nordamerikanischen Basketball-Liga NBA zu werden, schrie sich die Lunge aus dem Leib. Er brüllte auf den armen, kleinen Aufbauspieler Jason Terry ein, als trüge dieser Ohropax in den Ohren: Auf dem Feld, auf dem Weg zur Bank, in der Auszeit. Assistenz-Coach Del Harris konnte Nowitzki nur mit Mühe beruhigen.

Was Nowitzki derart in Rage gebracht hatte, beschrieb er nach der 126:130-Niederlage und dem Aus in Playoff-Runde zwei gegen die Phoenix Suns: „Wir hatten das Spiel schon gewonnen, aber dann lassen wir ihn einfach randribbeln und einen Drei-Punkte-Wurf treffen.“ Der Mann, der den Mavericks wieder einmal das Spiel vermieste, war Steve Nash. Ausgerechnet Nash. Nowitzkis bester Kumpel, von Team-Besitzer Mark Cuban zu Beginn der Saison ziehen gelassener Liebling der Fans.

Er kam zurück an seine alte Wirkungsstätte und schickte sie alle in die Ferien. Es war zum Verzweifeln. Was immer Dallas sich ausdachte, der zum wertvollsten Spieler der regulären Saison gewählte Spielgestalter der Suns hatte ein Antwort. Vor allem 5,7 Sekunden vor dem Ende, als Dallas mit drei Punkten führte. Alles, was Nashs Nachfolger Terry hätte tun müssen, wäre ein beherzter Griff in den Arm gewesen. Phoenix hätte ein Foul und maximal zwei Freiwurfpunkte bekommen, Dallas hätte den Ball gehabt und die letzten Sekunden herunterlaufen lassen können.

Doch Terry war zu unerfahren – und Nash zu besessen, zu gewinnen. „Er hat ein paar unglaubliche Spielzüge gezeigt, nicht nur heute, sondern in jeder Partie, die sie gewonnen haben“, sagte Nowitzki, „ich denke, er wollte uns zeigen, was wir verpasst haben. Und das ist ihm wirklich gelungen.“ Mit 39 Punkten, zwölf Assists und neun Rebounds war Nash unwiderstehlich – und schlimmer noch für Dallas, die Suns zeigten, dass man Serien gewinnen kann mit einem gnadenlosen Offensiv-Stil, den sie in Dallas so oft probiert, aber nie zur Perfektion gebracht haben. Nach dem vierten Erfolg im sechsten Spiel ziehen die Suns ins Finale der Western Conference gegen die San Antonio Spurs ein.

Dallas bleibt viel Zeit, über die verpasste Chance nachzudenken. „Diese letzte Szene, dieser Treffer von Nash, der wird mich noch im Schlaf einholen“, sagte Terry. Nur Cuban, der Phoenix’ Angebot damals nicht kontern mochte, glaubt alles richtig gemacht zu haben. „Wenn man verliert, dann verliert man lieber gegen einen Freund, als gegen einen Idioten. Ich freue mich über den Weg, den unser Team eingeschlagen hat und fühle mich 1000 Prozent besser als vor einem Jahr.“ Ein Gefühl, mit dem er unter den Dallas-Anhängern in der American-Airlines-Arena Freitagnacht mit Sicherheit mutterseelenallein war.

Mathias B. Krause[New York]

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