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Sport: Unglück ist der Mühe Lohn

Beim 1:1 gegen Real Madrid gibt Bayern München den Sieg wegen eines Torwartfehlers aus der Hand

München. Fußballfans haben ein ausgeprägtes Gespür für Symbolik. Vor dem Spiel gegen Real Madrid wurde über der gesamten Südkurve des Münchner Olympiastadions, der Heimstätte der Bayern-Getreuen, ein Transparent in der Größe eines Fußballgfeldes entrollt. Darauf war die Krone aus dem Emblem von Real Madrid kurzerhand dem Münchner Vereinswappen aufgesetzt worden – es sollte die Botschaft des Abends werden. Denn die Vereine trennten sich unentschieden. Im Achtelfinale der Champions League zwischen dem deutschen Rekordmeister und dem Weltverein aus Spanien hieß es 1:1 (0:0). Trotz der besten Saisonleistung und eines Führungstors von Makaay schlichen die Bayern deprimiert vom Feld. Denn drei Minuten vor Schluss hatte Roberto Carlos einen Freistoß aus 35 Metern Entfernung zum Ausgleich im Münchner Tor unterbringen können. Möglich machte diesen Treffer aber vor allem der von einer Verletzung wieder genesene Münchner Torwart Oliver Kahn, der den Ball unter seinem Körpoer ins Tor rutschen ließ.

„Wir sind trotzdem stolz auf diese Leistung“, sagte Trainer Ottmar Hitzfeld nach dem Abpfiff. In der Tat hatte sein Team eine große kämpferische Leistung gezeigt. Vor 59 000 Fans im ausverkauften Stadion zu München und einer Milliarde Fernsehzuschauern spielten die Bayern mit dem Mut des Außenseiters gegen das Ensemble der Superstars an. Angeführt von den Offensivspielern Makaay, Ze Roberto und Pizarro agierten sie energisch nach vorne wie in der Bundesliga lange nicht. Die Respekt gewohnten Gäste zeigten sich überrascht; so sehr, dass Reals Abwehrstar Roberto Carlos schon in der zweiten Spielminute fast ein Eigentor unterlaufen wäre. Auch die von Madrids Torhüter Casillas parierten Fernschüsse von Makaay und Ze Roberto zeigten, dass die Münchner willens waren, Real die Krone vom Spiel zu nehmen.

Auch defensiv zeigten sich die Bayern gut aufgestellt. Die Viererkette in der Abwehr, mit glänzendem Einsatz angeführt von Robert Kovac und Kuffour, ließ sich von den aufgelaufenen Offensivkraft Madrids nicht beeindrucken. Mehr als einmal kam es vor, dass Brasiliens bester Stürmer Ronaldo sich ins Abseits treiben ließ; oder dass Raul und Zidane zwar schnelle Ballstaffetten inszenierten, dabei aber eher an Raum verloren als daran gewannen. Auf der anderen Seite ergab sich dagegen selten eine Gelegenheit, in der Kahn in das Geschehen eingreifen musste. Erst wenige Sekunden vor dem Halbzeitpfiff konnte Ronaldo eine Unachtsamkeit nutzen und den Schlussmann mit einem Schuss aus Nahdistanz prüfen. Ansonsten kam Ronaldo, der sich aufgrund der Minus-Temperaturen seine Füße mit Fettsalbe eingecremt hatte, kaum dazu, den Ball so zu behandeln wie er es am liebsten tut: geschmeidig und mit Torerfolg. Auch der sonst so agile englische Star Beckham fiel vorrangig durch das Treten von unpräzisen Eckbällen auf, bei denen er zudem von den Bayern-Fans mit Schneebällen beworfen wurde. Respekt vor Real hatte in München kaum jemand.

Auch in der zweiten Halbzeit gab es keinen Zweikampf, dem die Gastgeber aus dem Wege gingen. Selbst der angeschlagen in die Partie gegangene Spielmacher Ballack zeigte derart intensive Kämpferqualitäten, dass die Zuschauer ihn schon vor dem Abpfiff mit stehenden Ovationen feierten. Effektiv war die Spielgestaltung der Bayern jedoch nicht. Nach einer knappen Stunde Spielzeit ließen sie drei Chancen ungenutzt, als innerhalb einer Minute zunächst Makaay einen Kopfball knapp am Tor vorbeisetzte, danach Pizarro mit einem Fernschuss fast ein Treffer gelang und schließlich Ballack die Führung um wenige Zentimeter verpasste.

Eine Viertelstunde später konnten die Münchner das 1:0 bejubeln. Wieder hatten die Münchner die Abwehr von Real in den Strafraum abgedrängt, wieder hatte Pizarro geflankt, wieder sich Makaay vor dem Tor von Callisas freigelaufen – diesmal ließ er dem Torwart keine Abwehrchance. Kurz darauf wich die Euphorie auf den Rängen aber dem Entsetzen. Einen hart geschossenen Freistoß von Carlos konnte Kahn zunächst unter sich begraben. Doch dann rollte der Ball unter dem Torwart hinweg ins Netz.

Real Madrid hat nun alle Chancen auf das Weiterkommen. Nach dem Abpfiff verließ Oliver Kahn wortlos das Feld. Seine Handschuhe ließ er auf dem Feld liegen.

Daniel Pontzen

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