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UNSERE Experten: Ein gescheitertes Experiment

Was bleibt Raymond Domenech jetzt noch? Die Autorität als Trainer ist hin, die Mannschaft offensichtlich nicht mehr gewillt, zusammen mit dem Trainer die gemeinsam verschuldete Misere zu begrenzen.

Was bleibt Raymond Domenech jetzt noch? Die Autorität als Trainer ist hin, die Mannschaft offensichtlich nicht mehr gewillt, zusammen mit dem Trainer die gemeinsam verschuldete Misere zu begrenzen. Theoretisch kann Frankreich noch im Turnier bleiben, aber wie soll das klappen unter diesen Voraussetzungen? Was Domenech bleibt, ist, sich halbwegs anständig zu verabschieden, soll heißen: ohne Gepolter, ohne Nachtretereien. Sein zynisches Lachen während des Spiels der Franzosen gegen Mexiko deutet allerdings auf alles andere als Anständigkeit hin.

Wenn sie gut beraten sind im französischen Fußball, dann werden sie einsehen, dass dieses Fiasko von Südafrika nur der Gipfel von Problemen darstellt, die schon länger die Équipe Tricolore zersetzt haben. Es ist der Ausdruck lang anhaltender Erfolglosigkeit, die nur kaschiert wurde durch die Finalteilnahme 2006. Die Spiele zur Qualifikation für die jetzige Endrunde waren selten gelungen, nie berauschend, sondern überwiegend Spiele, die sich ausschließlich am Ergebnis orientierten. Das ist zu wenig, und Stürmer, die die Berufsbezeichnung verdienen, die hat Domenech in seiner Zeit auch nicht gefunden. Vielleicht auch nicht gesucht.

Aber hätte man das Problem nicht vorher erkennen können? Und ist es nicht kontraproduktiv, mit einem Trainer ins Turnier zu gehen, dessen Ablösung verkündet ist? Einem Trainer zudem, der seiner arroganten und schroffen Art wegen allseitige Abneigung genießt? Man hätte zumindest das Risiko abwägen müssen. Das Risiko nämlich, dass dieser Trainer nur noch eins gewinnen kann, den Titel. Theoretisch ist das natürlich möglich, wenn die Mannschaft gut ins Turnier kommt. Dann könnten die Animositäten vergessen werden, könnte sich eine Zweckgemeinschaft bilden. Theoretisch. Praktisch rumpelte sich das Team ins Turnier, agierte Domenech gegen die eigene Mannschaft und ihre Fähigkeiten, die er verschleuderte, als er etwa Franck Ribéry zum Spielmacher zwang. Wie immer es auch ausgehen wird: Es ist ein gescheitertes Experiment.

Michael Oenning ist ab nächster Saison Kotrainer des Hamburger SV und kommentiert im Wechsel mit Marcel Reif, Arnd Zeigler, Philipp Köster und Fredi Bobic die WM.

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