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UNSERE Experten: Große Ohren, getrimmte Brauen

Je weiter die WM voranschreitet, desto mehr achtet der Fernsehzuschauer auf Kleinigkeiten. Meine Gattin weist zum Beispiel immer wieder gerne darauf hin, dass RTL-Moderator Günther Jauch wahnsinnig große Ohren hat.

Je weiter die WM voranschreitet, desto mehr achtet der Fernsehzuschauer auf Kleinigkeiten. Meine Gattin weist zum Beispiel immer wieder gerne darauf hin, dass RTL-Moderator Günther Jauch wahnsinnig große Ohren hat. Und mir fiel am Abend des Spiels der deutschen Nationalelf gegen Ghana auf, dass Bundestrainer Joachim Löw vor längeren Sätzen immer sehr geräuschvoll die Luft einzieht.

Was auf erschütternde Weise zeigt, dass es im Fernsehfußball oftmals weniger um Inhalte geht als vielmehr um das äußere Erscheinungsbild. Bedeutet also für Oliver Kahn, Mehmet Scholl und all die anderen Experten, dass sie noch so intelligent Doppelsechs, flache Vier und Abseitsfalle erklären können – nachhaltig in Erinnerung bleiben doch letzten Endes nur krumme Körperhaltungen, peinliche Verhaspler oder die offenbar getrimmten Augenbrauen von ZDF-Experte Kahn, über die sich unlängst die „taz“ mokierte. Das ist zwar schrecklich oberflächlich, aber nicht zu ändern. So witzig wie Scholl auch sein mag – ich werde mich vor allem daran erinnern, dass er beinahe umfällt, weil er so krumm am Stehpult steht. Jürgen Klopp wirkt häufig so, als moderiere er gerade die Wahl zum Bravo-Otto an. Und beim ZDF-Duo Katrin Müller-Hohenstein und Kahn fällt mir stets nur auf, dass die beiden sich so unterkühlt anstarren wie ein zerstrittenes, altes Ehepaar vor dem Schlichtungstermin beim Scheidungsrichter.

Aber ich will nicht lästern. Denn wer auf dem Sofa sitzt und Erdnussflips in sich hineinstopft, kann kaum ermessen, wie schnell einem im Fernsehen mal ein doofer Kommentar herausrutscht oder der Körperschwerpunkt in die Hose rutscht. Am Dienstag war ich zu Gast im „WM-Biergarten“ des ZDF infokanals und wurde zu den Chancen der Mexikaner kurz vor deren finalem Gruppenspiel gegen Uruguay befragt. Meine elaborierte Antwort: „Die Mexikaner schielen mit einem Ohr hinüber zu Südafrika.“ Selbst Oliver Kahn hätte es nicht schöner formulieren können.

Philipp Köster ist Herausgeber der Zeitschrift „11 Freunde“ und kommentiert im Wechsel mit Marcel Reif, Arnd Zeigler, Michael Oenning und Fredi Bobic die WM.

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