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Unser WM-Experte: Der frühere Hertha- und Nationalstürmer Fredi Bobic.

© Kitty Kleist-Heinrich

Unsere WM-Experten: Fredi Bobic: Ghana jagt mir keine Angst ein

Aus unserem WM-Experten-Team schreibt der frühere Hertha- und Nationalstürmer Fredi Bobic heute über die deutsche Verteidigung und ein mögliches Bruderduell.

Jetzt haben wir das erste Finale schon in der Gruppe. Und alles wegen dieser ärgerlichen Niederlage gegen Serbien. Alle hatten erwartet, dass der Gegner nach vorne spielt und etwas für das Spiel tut. Aber er spielte abwartend, stellte die Mitte zu und ließ keine Lücken. Der Plan der Serben war, sich von den euphorisierten Deutschen nicht überrennen zu lassen. Das haben sie clever gemacht.

Uns hat an diesem Tag die Zielstrebigkeit gefehlt, und in der Innenverteidigung hat ein ums andere Mal die Abstimmung nicht gestimmt. Das macht mir Sorgen, die harsche Kritik an Holger Badstuber finde ich aber unangebracht. Er wurde gegen einen überragenden Mann wie Milos Krasic einfach zu oft alleine gelassen. Man darf nicht vergessen, dass Badstuber einen Aushilfsjob auf der linken Seite machte. Mit Lukas Podolski hatte er einen Mann vor sich, der die Defensivarbeit des Öfteren vernachlässigt. Genau deswegen ist für mich Marcell Jansen auch keine gute Alternativlösung. Jansen drängt auch immer nach vorne, ebenso wie Podolski. In diesem Fall wäre unsere linke Seite komplett offen – das würde jede Topmannschaft sofort ausnutzen.

Wenn man wirklich einen Wechsel auf dieser Position vornehmen will, dann würde ich Folgendes vorschlagen: Philipp Lahm auf die linke Seite und auf rechts Jerome Boateng. Er ist polyvalent, schnell und abgeklärt. Lahm kann links alles dicht machen, das hat er bei der Euro 2008 bewiesen. Und Boateng hätte dann noch Thomas Müller vor sich. Im Gegensatz zu Podolski ist Müller ein offensiver Spieler, der durch seine Laufstärke defensiv unglaublich viel Arbeit abnimmt. Jerome Boateng könnte auf rechts glänzen.

In diesem Fall käme es zum Bruderduell, über das so viel geschrieben wurde: Jerome gegen Kevin-Prince Boateng. Für Letzteren wird es kein normales Spiel werden. Die Vorgeschichte mit Ballacks Verletzung werden zwar alle auf dem Platz ausblenden. Aber was passiert, wenn es zu brenzligen Situationen kommt, an denen Kevin-Prince beteiligt ist? Die Deutschen werden versuchen, ihn zu provozieren, das ist normal. In diesem Spiel wird er zeigen müssen, wie weit er ist, ob er damit klarkommt. Denn spielerisch hat er bis dato absolut überzeugt. Er hat gute Spiele gezeigt und die Ghanaer angeführt.

Doch das ist einer der wenigen Lichtblicke bei Ghana. Diese Mannschaft hat mich wirklich nicht überzeugt und ihre Punkte durch zwei glückliche Elfmeter eingefahren. Ohne Michael Essien ist Ghana nur die Hälfte wert. Mir jagen sie keine Angst ein, auch wenn sie schon vier Punkte haben. Wenn unsere Jungs ruhig und konzentriert an die Sache herangehen, werden sie das Ding einfahren. Und damit das erste Finale gewinnen.

Fredi Bobic nahm mit der DFB-Auswahl an der EM 1996 und 2004 teil und kommentiert im Wechsel mit Marcel Reif, Arnd Zeigler, Philipp Köster und Michael Oenning die WM.

Fredi Bobic

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