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Sport: Unter österreichischer Flagge

Wladimir Klitschko entfernt sich immer mehr von Deutschland. In der Nacht zu Sonntag boxt er in Las Vegas mit fremder Lizenz um seine letzte Chance

Berlin - Der Ort des Geschehens hat etwas Symbolisches. Wenn Wladimir Klitschko in der Nacht zum Sonntag in Las Vegas in den Boxring steigt, wird er das unter freiem Himmel tun. Für seinen Schicksalskampf wurde das neue Amphitheater des Caesars Palace Hotels ausgeguckt. Nach oben ist für ihn also viel Luft, denn nach seinen beiden schweren K.-o.-Niederlagen ist der einstige Box-Apoll aus der Ukraine ganz unten angekommen. Sollte der 28-jährige frühere Schwergewichtsweltmeister den Kampf gegen DaVarryl Williamson (USA) verlieren, ist seine Karriere endgültig beendet.

Nicht einmal sechs Monate sind vergangen seit dem zweiten schweren Knock-out seiner Karriere. Lamon Brewster schlug Klitschko im April in Las Vegas k. o., ein Jahr zuvor hatte er seinen WM-Titel nach Version der WBO an Corrie Sanders verloren, ebenfalls nach einem Niederschlag. „Ich habe nichts zu verlieren. Das ist die Möglichkeit wieder dahin zurückzukehren, wo ich hin will“, sagt Wladimir Klitschko.

Aber noch aus einem anderen Grund haftet diesem Kampf etwas Schicksalhaftes an. Schließlich gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Klitschko überhaupt boxen darf. Ein erster Streitpunkt konnte ausgeräumt werden. Nach seiner letzten K.-o.-Niederlage am 10. April war Klitschko vom Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) mit einer sechsmonatigen Schutzsperre belegt worden, die es ihm weltweit untersagt hätte, einen Wettkampf zu bestreiten. „Auf Bitten Klitschkos haben wir die Sperre um fünf Tage verkürzt“, sagt BDB-Präsident Bodo Eckmann. „Wir wollen Boxen ja nicht verhindern.“ Zudem wird Klitschko mit einer österreichischen Lizenz boxen. „Wladimir hat eine beantragt, und sein Bruder Witali auch“, sagt Eckmann.

Trotz der österreichischen Lizenz fehlt Wladimir Klitschko eine juristische Grundlage für seinen Kampf in Las Vegas. In der vergangenen Woche platzte der Traum der Klitschkos von einem schnellen Schlussstrich unter einem seit Monaten dauernden Rechtsstreit mit ihrem Promoter Klaus-Peter Kohl. Anstatt das Urteil über ihr Vertragsende am 30. April 2004 bei Kohl zu sprechen, setzte Richter Mückenheim vor dem Hamburger Landgericht für den 11. November eine neue mündliche Verhandlung an.

In der von den Klitschkos im vorigen Dezember eingereichten Feststellungsklage wollten sie geklärt haben, dass ihr Beschäftigungsverhältnis mit Kohl nur bis zum 30. April dieses Jahres dauert. Kohl geht davon aus, dass sich der Vertrag durch eine Klausel um die Dauer von Ausfallzeiten (Verletzungen, Krankheiten) verlängert. Der Knackpunkt dürfte die Verlängerung des alten Vertrages (aus dem Jahr 1996) zwischen den Klitschkos und Kohl vom März 2001 sein. Nach Kohls Meinung gilt die alte Verlängerungsklausel über Ausfallzeiten der Boxer weiterhin. Die Klitschkos argumentieren, dass diese Klausel in einem neuen Vertrag weggefallen sei. Der Richter hatte sich in einem ersten Hinweisbeschluss am 15. April der Meinung von Kohl angeschlossen. Überraschend deutete er dann aber am 5. August an, dass die „Verträge am 30. April geendet haben könnten“. Nun allerdings geht es wieder in die andere Richtung.

„Für die Klitschkos ist das ein Desaster“, sagte ihr Rechtsvertreter Sebastian Cording. Der für Dezember geplante Kampf zwischen Witali Klitschko um seinen WM-Titel im Schwergewicht nach Version der WBC gegen den Engländer Danny Williams ist praktisch geplatzt. „Theoretisch könnte bis dahin ein negatives Urteil ergehen“, sagte Cording, „das macht Zukunftsplanungen schwierig.“

Warum aber darf Wladimir Klitschko in Las Vegas boxen? Sollte Klitschko siegen, das Gericht aber später Kohls Version folgen, wäre eine hohe Schadenersatzklage fällig. Denn Kohl besäße für diesen Zeitraum die Rechte an ihm. Klitschko geht dieses Risiko ein und nimmt finanzielle Forderungen in Kauf, da ein Boxer nur dann erfolgreich im Geschäft bleiben kann, wenn er boxt. Abgesehen davon ist Wladimir Klitschko fest überzeugt von einem Sieg vor Gericht. Beide Seiten haben im Falle einer Niederlage angedeutet, in die Berufung zu gehen. „Der Richter ist jetzt offenbar wieder auf dem richtigen Weg“, sagt Promoter Kohl. „Ich war immer überzeugt, dass wir am Ende Recht bekommen – ob in dieser oder der nächsten Instanz.“

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