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„Ich werde niemals jemandem zustimmen, der die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika missachtet", sagte Drew Brees in einem Interview. 

© Brett Duke/dpa

US-Footballer zu Protest gegen Polizeigewalt: Drew Brees kleistert die Rassismus-Debatte mit Patriotismus zu

Football-Star Drew Brees hat eine erschütternd naive Meinung zu Gewalt gegen Schwarze. Er hat die Lebenswirklichkeit Schwarzer nicht verstanden. Ein Kommentar 

Ein Kommentar von Tilman Schröter

Seit Tagen gib es in den USA nur ein beherrschendes Thema: Rassismus. Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd erfassen die Unruhen inzwischen das ganze Land. Dass der Sport in diesen aufgeheizten Zeiten Zeichen setzen kann, wurde sogar in Deutschland deutlich – durch die Solidaritätsbekundungen einzelner Bundesliga-Spieler wie Jadon Sancho oder Marcus Thuram. Die Bilder gingen um die Welt und schafften es sogar in die „New York Times“.

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Natürlich solidarisieren sich in den Vereinigten Staaten zahlreiche Profisportler ebenso mit den Anliegen der schwarzen Bevölkerung – und doch zeigt sich dort auch im Sport die Spaltung des Landes. Angesprochen auf mögliche Proteste gegen Polizeigewalt in der NFL, ähnlich dem berühmten Kniefall von Football-Star Colin Kaepernick vor ein paar Jahren, sagte Drew Brees, der Quarterback der New Orleans Saints: „Ich werde niemals jemandem zustimmen, der die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika missachtet.“ 

Jedes Mal wenn die Nationalhymne gespielt werde, stelle er sich seine beiden Großväter vor, die für das Land im Zweiten Weltkrieg gekämpft und ihr Leben riskiert hätten. Manchmal weine er auch beim Gedanken daran, welche Opfer schon gebracht worden seien. Man sollte die Flagge respektieren. „Wir können alle Teil der Lösung sein“, sagte Brees.


Der Shitstorm war so heftig wie erwartbar, Brees ruderte zurück und entschuldigte sich. Und doch bleiben seine Kommentare, die auf erschütternde Art und Weise am Thema vorbeigehen. Die USA sprechen über institutionellen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze – und Brees kanzelt das mit der billigsten Sorte Patriotismus ab. Kaepernick ging es mit seinem Protest nicht darum, die Fahne der USA zu diskreditieren, sondern sich gegen diese Polizeigewalt zu positionieren. Er wollte vor allem eines aufzeigen: dass in den USA Freiheit und der „american dream“ für alle gelten sollten – unabhängig von der Hautfarbe.

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Brees bedient nun ein Narrativ, das aus der Trump-Welt kommt. Der sagte auf einer seiner Großveranstaltungen 2017 zu Kaepernick: „Wäre es nicht großartig, wenn die Eigentümer der NFL sagen würden, sobald einer unsere Fahne missachtet: ‚Holt diesen Hurensohn sofort vom Spielfeld. Er ist gefeuert!’“
Bestimmte Haltungen werden so als unamerikanisch disqualifiziert. Oft wird das, wie bei Brees, mit patriotischem Kleister zugespachtelt. So kann nur einer reden, der sich nicht in die Lebenswirklichkeit einer schwarzen Person einfühlen kann – und das ist bei einem Sportler, dessen Kollegen zu einem großen Teil Afroamerikaner sind, mindestens erstaunlich. Sicher bleibt: Die USA haben noch einen langen Weg vor sich.

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