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Sport: US-Open: Der neue André heißt Andy

Die Baseballkappe trägt Andy Roddick verkehrt herum. Das ist korrekt so.

Die Baseballkappe trägt Andy Roddick verkehrt herum. Das ist korrekt so. "Doch diese Socken", lästert Fernseh-Kommentator John McEnroe. "Was sollen diese schwarzen Socken?" Wenn ein in die Jahre gekommener Tennis-Rebell die Kleiderordnung eines Newcomers moniert, dann muss das keineswegs Schlechtes bedeuten. Roddick sorgt eben in allen Belangen für frischen Wind in der amerikanischen Tennis-Szene und gilt als möglicher Nachfolger von Andre Agassi und Pete Sampras. Mal abgesehen von den schwarzen Socken.

Online-Gaming Spiel, Satz und Sieg: Der Pong-Klon von meinberlin.de Auch Oberkritiker McEnroe hat längst Gefallen an dem Jungen aus Omaha (Nebraska) gefunden. "Er hat das Zeug, schon bald unter die Top Ten, ja sogar Top Five zu kommen", meinte McEnroe, "und dabei hat seine Profikarriere erst angefangen." Das Lob der Tennis-Legende kam am Dienstagabend zur besten Sendezeit und war damit so etwas wie ein offizieller Ritterschlag. Es bedeutete auch, dass man die verzweifelte Suche nach dem nächsten US-Tennisstar bis auf weiteres einstellen kann. Andy Roddick, übernehmen Sie das Filzballgeschäft.

Der erste Auftritt des 18-Jährigen bei den US Open war mit Spannung erwartet worden. Beim Ballyhoo um seine Person verstand es sich von selbst, dass ihm der ausrichtende Verband den besten Platz reservierte. Nämlich den Centre Court im Arthur-Ashe-Stadion, dazu noch unter Flutlicht. Es war eine besondere Premiere für Roddick, der hochmotiviert ins Duell gegen den Tschechen Slava Dosedel ging und seine Nerven erstaunlich gut im Griff hatte. Der Youngster begann mit zwei Assen und beendete das Match in gleicher Manier mit einem Aufschlag, der mit 220 Stundenkilometern gemessen wurde. Danach riss Roddick die Arme in die Höhe, streckte den rechten Daumen nach oben und ließ sich von den Fans nach seinem imponierenden 6:4, 6:1, 6:2-Triumph feiern. "Es war ein großartiges Gefühl, in diesem Stadion zu spielen", sagte der an Nummer 18 gesetzte Amerikaner, "ich wollte zunächst nur ein paar Bälle ins Feld bringen und dann lief alles optimal. Es war wie ein Rausch."

Roddick produzierte 41 Gewinnschläge, verlor nicht einmal seinen Aufschlag und erzielte 17 Asse. Dabei schlug der Shooting-Star den Filzball mit Geschwindigkeiten ins gegnerische Feld, die an einen Pete Sampras in Höchstform erinnerten. Besser kann man nicht ins amerikanische Grand-Slam-Turnier starten. "Er vereint einfach alles - Intensität, Motivation, Einstellung und Spielwitz", sagt Daviscup-Coach Patrick McEnroe, der in Roddick "eine Mischung aus Boris Becker und meinem Bruder John" sieht. Roddick machte vor einem Jahr zum ersten Mal auf sich aufmerksam, als er bei den US Open den Junioren-Titel gewann. In seiner ersten Saison auf der ATP-Tour gelangen ihm bislang drei Turniersiege. Kein amerikanischer Teenager seit Pete Sampras im Jahre 1990 war erfolgreicher gewesen, wobei Sampras damals allerdings auch sein erster US-Open-Triumph gelang. "Es ist doch ganz logisch, dass die Leute hier in den USA nach einem neuen Champion Ausschau halten", sagte der 30-jährige Sampras, "André und ich werden nicht jünger."

Da Agassi Vater wird und wie Sampras ans Heiraten denkt, herrscht bei Sponsoren und Sportartikelfirmen Alarmstufe eins. Denn es liegt auf der Hand, dass die beiden alternden Stars die Tennis-Karawane nicht mehr lange anführen können und das drohende Vakuum an der Spitze schnell gefüllt werden muss. Um Werbung für den anstehenden Generationswechsel zu machen, ließ der amerikanische Tennisverband USTA beim Arthur Ashe Kids Day die Ikone Agassi gleich gegen den Aufsteiger Roddick in einem Showmatch antreten. "Da war ich wirklich nervös", erzählt der Youngster brav. Ansonsten gibt er sich auf dem Platz eher wild und emotionsgeladen. Schon mit sieben Jahren träumte Roddick davon, einmal als Tennisprofi zu Ruhm und Ehre zu kommen. Damals imitierte er daheim die Schläge der Connors, McEnroe und Agassi. "Ich war der König der Garage", sagt Roddick mit einem Lachen. Nun wartet der Tennis-Thron auf ihn.

Stefan Liwocha

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