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Vor der Eruption. Gael Monfils spielt Tennis, wie er sich fühlt.

© AFP

US Open: Gael Monfils: Gegner Roger Federer ist sein großer Fan

Gael Monfils tickt anders als die meisten Tennisprofis. Bei den US Open hat der Franzose trotzdem Erfolg. Am Donnerstag spielt er gegen Roger Federer.

Gael Monfils ist ein bisschen verrückt. Das ist nicht beleidigend gemeint, der seit Montag 28 Jahre alte Franzose sagt das selbst von sich. Und tatsächlich scheint er mit seiner Selbstdiagnose nicht ganz falsch zu liegen. Denn Monfils ist nicht nur einer der charismatischsten Spieler der Tennis-Tour, der die Massen mit seinem spektakulären wie einzigartigen Spielstil zu elektrisieren vermag, sondern er ist auch der unberechenbarste – und das auf und abseits des Platzes. Ohne Vorwarnung kann es passieren, dass es bei Monfils aussetzt. Dann ist er plötzlich wie ausgewechselt, dann ist er „La Monf“, der Verrückte.

Wie am Dienstag im Achtelfinale der US Open. Er lag gegen den hoch gehandelten Bulgaren Grigor Dimitrov mit Satz und Break vorne, verlor den Vorsprung aber gleich wieder zum 4:4. Dann schlug Dimitrov auf, das wollte er zumindest. Aber Monfils hatte sich in wüste Selbstgespräche verstrickt und stand dann viel weiter im Feld, als es beim Return Sinn macht. Er ruderte mit den Armen und forderte Dimitrov auf: „Na los, spiel doch!“ Der Bulgare war irritiert, gehorchte aber. Monfils schenkte ab, wischte den Ball mit einer lustlosen Bewegung mitten in die Zuschauerränge.

Das ist „La Monf“. „Ich war einfach angepisst“, meinte er später, „ich dachte nur: Schlag schon auf, ich schenke dir dieses Spiel.“ Sein Frust war nicht auf den Gegner gerichtet oder den Schiedsrichter, mit dem er dauernd im Clinch lag. Monfils war schlicht angewidert von sich selbst. Von seiner Leistung. Es setzte aus. Und wenn „La Monf“ zum Vorschein kommt, ist das meist der Anfang vom Ende. Dieses Mal jedoch nicht. Gael Monfils gewann die Partie mit 7:5, 7:6 und 7:5 und steht nach vier Jahren wieder im Viertelfinale der US Open – dort wartet Roger Federer.

Und der ist ein Fan. „Ich spreche wohl im Namen so vieler Spieler, wenn ich sage: Wir lieben es, Gael spielen zu sehen“, meinte der Schweizer nach seinem lockeren 6:4, 6:3 und 6:2-Sieg über den Spanier Roberto Bautista Agut: „Ich wundere mich immer, an welche Bälle er noch herankommt.“ Seinen schlaksigen, athletischen Körper vermag Monfils zu verbiegen, als habe er Gelenke aus Gummi.

Seine Leidenschaft für Breakdance mag da geholfen haben, wenn er in beängstigendem Tempo in den Spagat rutscht oder bei einem Return plötzlich waagerecht in der Luft liegt. Monfils strotzt vor Energie, er ist ein Showman, der es liebt, mit dem Publikum zu spielen. Er hat Schläge drauf, die sonst keiner beherrscht. Er kann aber auch verlieren wie kein anderer. Und er macht, was er will. Gegen Dimitrov trank er beim Seitenwechsel eine Cola, eigentlich ein Unding. „Mir war einfach danach“, sagte er, „dann will ich eine Cola und dann trinke ich eben eine Cola.“

Federer weiß, was er zu erwarten hat, in Cincinnati hatte er zuletzt ein enges Match gegen ihn gewonnen. Federer mag diesen etwas sonderbaren Franzosen, sehr sogar. Aber verstehen kann auch er ihn oft genug nicht. Im letzten Jahr war Monfils zur Rasensaison gut in Form, sagte dann aber für Wimbledon ab. „Ich war völlig perplex“, meinte Federer, „ich meinte zu ihm: Spinnst du oder was? Und er sagte nur: ’Ja, ich weiß auch nicht.' Das ist einfach so seine Art.“ Das ist eben die andere Seite des Franzosen. Eine, die die meisten Menschen irritiert. Monfils ist im Grunde ein herzlicher, entspannter Mensch, der für jeden Spaß zu haben ist. „Sagen wir es so“, schränkte Federer ein, „wenn er auf der Tour ist, ist er immer gut drauf. Wenn nicht, dann kommt er nicht.“

So glich die Karriere des Parisers mit karibischen Wurzeln einer Achterbahnfahrt, auch weil er ständig verletzt war. Bis in die Top Ten hatte es Monfils schon mal geschafft, und eigentlich gehört er dort auch hin. Doch konstant sind an ihm nur seine ausgeflippten Frisuren. Jetzt ist Monfils gerade wieder im Hoch, und das ohne Coach. „Es ist schwer für mich einen zu finden, der mich versteht“, erklärte er sein Dilemma. So hilft ihm derzeit sein Kollege Gilles Simon, der ihn vor den Partien stark redet. Offenbar wirkt es. Bei den French Open stand er schon im Viertelfinale, nun schaffte es Monfils erstmals in einer Saison nochmal so weit bei einem Grand Slam. Ein neues Gesicht von „La Monf“? „Ich bin noch der gleiche“, wiegelte er ab, „ich bin cool, ich bin glücklich. Alles gut. Nur manchmal ist mir alles scheißegal, und dann gehe ich eben.“ Gegen Federer wird er aber mit Sicherheit im Arthur-Ashe-Stadium sein. Fragt sich nur, welcher Gael Monfils dort auftaucht.

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