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Wie steht’s eigentlich? Andy Murray (vorn) beklagte nach seinem Match gegen Marcel Granollers, dass es bei geschlossenem Dach deutlich lauter sei als bespielsweise in Wimbledon. Mitunter könnten die Tennisprofis nicht einmal den Stuhlschiedsrichter bei der Ansage des Spielstandes verstehen.

©  AFP/Timothy A. Clary

US Open in New York: Krach unterm neuem Dach

Die US Open brauchen endlich den Regen nicht mehr zu fürchten – dafür ist es den Tennisstars im Arthur-Ashe-Stadium jetzt zu laut.

Rafael Nadal stand am Mittwochabend an der Grundlinie im Arthur-Ashe-Stadium und wollte aufschlagen. Doch er wartete, schaute mit strengem Blick hoch auf die Ränge. Der französische Schiedsrichter Cedric Mourier richtete sich an die knapp 24 000 Zuschauer: „Bitte, die Spieler sind bereit. Es ist etwas zu laut, danke.“ Das war leicht untertrieben. Oft war weder das Ploppen des Balles beim Schlagtreffpunkt zu hören, an dem sich die Spieler orientieren, noch die Spielstandansage des Schiedsrichters. Nun hatte man das größte Tennisstadion der Welt endlich für 150 Millionen Dollar überdacht und damit den lästigen Regen ausgesperrt, aber dafür das nächste Problem reingelassen: den Lärm.

„So laut ist es noch nie gewesen“, monierte TV-Experte John McEnroe. Das New Yorker Publikum war von jeher nie für seine Zurückhaltung bekannt, und es lässt sich schon gar nicht von einem Tennismatch davon abhalten, sich immerfort mit Hotdogs und Cola zu versorgen und dabei zu schwatzen. Das ist normal und gehört einfach zum eigenen Flair der US Open. Nun verstärkt aber die neue Dachbeschaffenheit diese Geräuschkulisse um ein Vielfaches. An der 6500 Tonnen schweren Stahlkonstruktion, die wie ein überdimensionaler Pavillon über der obersten Sitzreihe der Tribünen in 32 Meter Höhe schwebt, prallt der Widerhall ab und verursacht ein konstantes Brummen.

„Ich war schon überrascht, wie laut es war“, wunderte sich Nadal, der als erster Spieler unter dem geschlossenen Dach antrat, nachdem es nach dem ersten Satz zu regnen begonnen hatte. „Das Seltsame ist, dass es mit offenem Dach eigentlich genauso laut war.“ Die Gesamtspannweite der weißen Überdachung hat die Größe von drei Fußballfeldern, allerdings ist davon nur eine Fläche von 76 mal 76 Meter immer offen. Das Stadion hat nun also eher Hallen-Atmosphäre.

"Das ist hier eine echte Herausforderung für uns", sagte Andy Murray

Wimbledonchampion Andy Murray spielte am Donnerstag ebenfalls unter dem geschlossenen Dach, als heftige Schauer über die Anlage in Flushing Meadows niederprasselten. „Der Regen trommelte unglaublich laut auf das Dach, es ist viel lauter als in Wimbledon", sagte Murray nach seinem souveränen Sieg über Marcel Granollers, „aber wir brauchen unsere Ohren, und ich konnte den Balltreffpunkt nicht hören. Das ist hier eine echte Herausforderung für uns.“ Ob sich der Lärmpegel im Arthur-Ashe-Stadium noch zu einem handfesten Unruheherd dieser US Open auswächst, muss sich zeigen. Gordon Smith, Geschäftsführer des amerikanischen Tennisverbandes USTA, sieht derzeit keinen Grund zur Panik. „Das ist ein Lehrjahr für uns, für die Spieler und Fans“, sagt Smith, „wir schauen, was wir verbessern können. Aber bisher hat es keine offizielle Beschwerde eines Spielers gegeben.“

Und einfach so möchte sich die USTA die Stimmung bei ihrer großen Einweihungsparty auch nicht verderben lassen. Schließlich hatte sie die ohnehin imposante 18,8 Hektar große Anlage im Stadtteil Queens für Gesamtkosten von 600 Millionen Dollar weiter aufpoliert. Den Machern der French Open müssen angesichts dieser Dimensionen die Augen tränen. In Paris wird weiter gekleckert auf engstem Raum, in New York dagegen selbstbewusst geklotzt – und perfekt inszeniert. Pop-Altmeister Phil Collins sang zur Eröffnungsnacht „In the Air tonight“ auf dem Centre Court und hoch über ihm öffnete sich inmitten von Trockeneis-Schwaden das Dach. Dazu wurde der neue Grandstand als drittgrößtes Stadion mit 8000 Sitzplätzen eingeweiht, der nun durch einen Skywalk mit Court 17 am gegenüberliegenden Ende der Anlage verbunden ist. Die Außencourts wurden um 2000 Sitzplätze aufgestockt und mit modern-einheitlichem Design versehen.

Und auch das gastronomische Angebot hat sich deutlich erweitert, denn alles ist inzwischen darauf ausgelegt, die Besucherzahlen für das Turnier von 700 000 künftig auf 800 000 zu erhöhen. Und fertig sind die Umbaumaßnahmen längst nicht. In zwei Jahren wird das neu errichtete Louis-Armstrong-Stadium über 15 000 Plätze verfügen und ebenfalls ein verschiebbares Dach. Denn Regen-Frust, Spielplan-Verzögerungen und Final-Montage sollen endlich der Vergangenheit angehören. Nur Ruhe wird nicht einkehren in Flushing Meadows, so viel steht fest.

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