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US Open: Spaß am Gefühls-Chaos

Federer kämpft sich ins Viertelfinale der US Open

Er wusste, dass es eines Tages passieren musste. Roger Federer hatte sich darauf eingestellt, dass eine Zeit kommen würde, in der auch er verliert. Selbst er, das große Schweizer Tennis-Genie, das seit nunmehr vier Jahren allen Rekorden hinterherjagt. Und doch – da es in dieser Saison nun so weit ist – will er nichts mehr, als diesen Status zurückzuerobern.

„Wenn ich nur eines der großen Turniere gewinne, einen der Grand Slams, dann ist der Unbezwingbarkeitsfaktor sofort wieder da“, sagt Federer. „Ich war in Wimbledon dicht davor, dieses Mal will ich einen Schritt weitergehen und gewinnen. Es würde mir das Momentum für den Rest des Jahres verschaffen.“ Der Titel bei den US Open ist damit seine letzte Option, die für seine Maßstäbe klägliche Saisonausbeute mit nur zwei kleineren Titeln in Estoril und Halle und der olympischen Goldmedaille im Doppel positiver zu gestalten.

Am Dienstag wäre dieser Traum beinahe jäh zerstört worden, Federer schaffte es im Achtelfinale gegen Igor Andrejew nur mit einem enormen Kraftakt, die drohende Niederlage abzuwenden. Mit 6:7, 7:6, 6:3, 3:6 und 6:3 rang er den Russen in dreieinhalb Stunden nieder. Als der letzte Vorhandball Andrejews schließlich weit hinter die Grundlinie gesegelt war, entlud sich mit einem Mal der immense Druck, den Federer verspürt haben musste. Er stieß einen Schrei aus seinem tiefsten Inneren aus.

„Ich habe gefühlt, dass ich ausscheiden könnte“, sagte Federer, dem 60 leichte Fehler unterliefen. „Andrejew hat sehr stark gespielt und nichts zu verlieren gehabt, aber ich konnte die Partie noch drehen. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Kampfgeist.“ Er habe sogar Spaß dabei empfunden, merkte er süffisant an. „Dieses Gefühls-Chaos zu erleben, wenn man mal gut und dann wieder schlecht spielt, war toll. Ich kenne das gar nicht, sonst gewinne ich ja immer leicht und locker.“

Die Perfektion ist dem Schweizer immer mehr abhanden gekommen. Manchmal blitzt sie auf, wie in der dritten Runde beim glatten Sieg gegen Radek Stepanek. Doch es mangelt ihm an Konstanz. Zudem hat er die eigene Messlatte derart hoch gelegt, dass nun alles jenseits von Rekorden und Superlativen bei ihm wirkt, als hätte er das Tennisspielen schlagartig verlernt. Trotzdem betont Federer vehement, es sei keine frustrierende Saison für ihn gewesen. „Für mich war es sehr lange immer dasselbe: Ich bin auf den Platz gegangen und habe gewonnen. Diese Phase jetzt ist gut für mich, denn ich nehme Siege nicht mehr als so selbstverständlich hin.“

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