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Der Wahnsinn beginnt. Elias Harris ist mit seinen Gonzaga Bulldogs zwar bisher noch nie in die Runde der besten 16 Teams eingezogen, trotzdem soll jetzt der Titel her.

© AFP

US-Sport: Mach den Rödl

Der Deutsche Elias Harris hat mit Gonzaga gute Chancen auf den Titel im College-Basketball. Nach dem Turnier strebt er den Wechsel in die NBA an.

Elias Harris ist nicht der neue Dirk Nowitzki. Man muss das in diesen Tagen betonen, weil die Leute nicht nur in den USA wegen der anstehenden College-Meisterschaft verrückt spielen. Auch in Deutschland lässt man sich gern zu gewagten Prognosen verleiten, wenn ein Deutscher im Mutterland des Basketballs für Schlagzeilen sorgt. Sollte Elias Harris Anfang April mit seinen Gonzaga Bulldogs wirklich den Titel im amerikanischen College-Basketball gewinnen, werden ihn wohl wieder einige als den nächsten Nowitzki bezeichnen. Doch bis auf Nationalität, Liebe zum Basketball und das Land, in dem sie leben, haben Harris und Nowitzki nicht viel gemeinsam. Genauso wenig wie der vor wenigen Wochen in die NBA gewechselte Tim Ohlbrecht.

Harris ist ein 2,03 Meter großes und 108 Kilogramm schweres Kraftpaket: flinke Beine, lange Arme, starker Zug zum Korb. Einer, der sich zwischen Zone und Dreierlinie bewegt, der in der Verteidigung Lücken stopft, um jeden Ball kämpft und in der Offense den offenen Sprungwurf trifft. Der 23-Jährige wird kein Superstar werden wie Nowitzki, aber das muss er auch nicht. Harris ist ein so genannter „Energizer“, einer wie Ademola Okulaja. Der ehemalige Spieler von Alba Berlin kam ins Trainingscamp von drei NBA–Teams, nachdem er am College in North Carolina für Furore gesorgt hatte. Den Sprung in den Kader eines NBA-Teams schaffte Okulaja jedoch nie.

Harris werden gute Chancen eingeräumt, es in die NBA zu schaffen

Harris wird diesen Schritt sehr wahrscheinlich in diesem Sommer versuchen. Bei der jährlichen Talentauswahl, dem Draft, bescheinigt man ihm gute Chancen, von einem NBA-Team ausgesucht zu werden. Dass das noch nicht den Weg in die Liga bedeutet, zeigen die Beispiele Peter Fehse und Tibor Pleiß. Beide sind zwar von den Seattle SuperSonics (Fehse 2002) und Oklahoma City Thunder (Pleiß 210) gedraftet worden, gespielt haben sie nie. Vorerst ist Harris gut beraten, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren – und die könnte für einen jungen Basketballer aufregender kaum sein.

Denn in den USA beginnt die so genannte „March Madness“. Innerhalb von drei Wochen spielen die besten Universitäten des Landes die Basketball-Meisterschaft aus. 68 Teams, ausverkaufte Hallen mit 20 000 Zuschauern, laut der Zeitung „Las Vegas Sun“ vier mal so viele Sportwetten wie beim Super Bowl. Und ein Fernsehvertrag, der der Dachorganisation NCAA 771 Millionen Dollar pro Jahr garantiert – fast so viel, wie auch die Fußball-Bundesliga bekommt. Dazu ein K.o.-System, das regelmäßig für Überraschungen sorgt. Wenn etwa wie im Vorjahr die kleine Lehigh University den Serienmeister Duke Blue Devils in der ersten Runde rauswirft. March Madness eben, ganz normaler Wahnsinn in den USA.

Harris ist der beste Rebounder in der Geschichte Gonzagas

Auch Elias Harris, der 2009 nach Gonzaga kam, musste sich erst an die Bedeutung dieser Wochen gewöhnen. „Ich kam aus Deutschland und hatte überhaupt keine Ahnung, wie das hier alles abläuft“ erzählte er bei einem TV-Auftritt. Der Speyerer, Sohn eines ehemaligen amerikanischen Soldaten, überzeugte trotzdem sofort. Schon nach seinem ersten Jahr legten ihm einige einen Wechsel in die NBA nahe. Doch Harris lehnte ab und spielt nun schon sein viertes Jahr für die Bulldogs. Er ist der viertbeste Punktesammler und beste Rebounder in der Geschichte der Universität. Nun versucht er, die erste Meisterschaft für das kleine Jesuiten-College im Bundesstaat Washington zu holen. Harris wäre nach Niels Giffey und Enosch Wolf, die 2011 den Titel mit Connecticut gewannen, der dritte Deutsche in zwei Jahren, dem das gelänge. Zuvor war Alba-Legende Henrik Rödl lange Jahre der letzte deutsche Collegemeister gewesen.

Harris’ Chancen stehen nicht schlecht, die Favoriten schwächeln und Gonzaga ist mit 31 Siegen und zwei Niederlagen an Platz eins gesetzt. Heute startet sein Team als Favorit gegen die Southern University, Ziel ist Atlanta, das Finalturnier der besten vier. Für ihn gilt deshalb nicht: Sei der nächste Nowitzki. Vorerst würde reichen, was sein Nationalteamkollege Jan-Hendrik Jagla auf Twitter forderte: „Mach den Rödl!“

Sebastian Schuldt

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