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Sport: Valerón, Visionär

La Coruñas Spielmacher versteht sich wie kein Zweiter auf die Kunst des tödlichen Passes

Sollte es neben dem Goldenen Ball auch eine Auszeichnung für den weltweit meist unterschätzten Spieler geben, Juán Carlos Valerón Santana, kurz Valerón (Foto: Imago) wäre einer der ersten Anwärter. Keine Hand voll Spielgestalter kann sich mit seinen Fähigkeiten messen, doch wie so viele seiner Klassekollegen von Deportivo La Coruña führt Valerón seit Jahren ein Dasein von bestenfalls national begrenzter Bewunderung.

Was dem 28-jährigen spanischen Nationalspieler zum anerkannten Weltstar fehlt, ist allerdings nicht nur der richtige Verein, sondern auch das nötige Showbewusstsein. Das Modellhafte seiner Statur wird ihm gern als Durchschnittlichkeit ausgelegt, die leicht laufende Beständigkeit seiner Bewegungen mit Trägheit verwechselt. Nie würde es Valerón einfallen, seine feinst begabten Füße mit grell bepinseltem Schuhwerk zu schmücken. Weder neigt er zu fotogenen Jubelarien noch zu maskulinen Aufputschgesten. Nicht einmal über eine mitteilungsfähige Frisur verfügt der Gute. Er ist einfach da und macht das Spiel seiner Mannschaft.

Valerón ist ein Genie im Raum. Sobald er den Ball im Zentrum erhält, eröffnet sich seinem Blick eine Vielzahl überraschender Anspielmöglichkeiten. Es ist, als betrachte er die Partie stets aus der Vogelperspektive und sei so über die Position sämtlicher Feldspieler im Bilde. Mit einer makellosen Technik, die ihm eine beidfüßige Passpräzision über beliebige Entfernungen ermöglicht, versteht sich Valerón damit wie kein Zweiter auf die Kunst des tödlichen Passes. Gelassen, oft ohne den Blick auch nur zu heben, schwingt er ihn aus dem Fußgelenk und erwartet, seine beiden sprintstarken Stoßstürmer Luque und Diego Tristán mögen darauf das Wesentliche erledigen. Wie gefährlich eine in der Abwehr solide Mannschaft von Deportivo La Coruña mit dieser Taktik gerade auswärts auftritt, bekam im Achtelfinale bereits Juventus Turin bitter zu spüren. Valerón war in diesen Duellen der beste Mann auf dem Platz.

Zur heutigen Partie beim unbestreitbaren Titelfavoriten AC Milan wird sich Valerón im Kraftfeld von Berserker Gennaro Gattuso sowie dem in Höchstform spielenden Clarence Seedorf behaupten müssen. Gelingt ihm das, stehen die Chancen für eine weitere Sensation gar nicht so schlecht. Dann wird es vielleicht doch noch etwas mit der weltweiten Anerkennung. Denn ohne großen internationalen Titel wird Valeróns Name keine Spuren in der Fußballgeschichte hinterlassen – was in seinem edlen Falle nur zu bedauern wäre.

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