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Sport: Vater unter Verdacht

Bremens Fußballer Diego will sich von Festnahme nicht beeinflussen lassen

Sein 14. Länderspiel für die Selecao ist nicht gut gelaufen. Dabei hatten die Profis der Fußball-Bundesliga Diego gerade erst mit überwältigender Mehrheit zu ihrem besten Spieler gekürt. Kaum hatte Nationaltrainer Carlos Dunga den Spielmacher von Werder Bremen am Dienstagabend in der 67. Minute eingewechselt, geriet die brasilianische Nationalelf im Freundschaftsspiel gegen Portugal im Londoner Emirates Stadium unter die Räder. Späte Tore besiegelten die 0:2-Niederlage, es war im sechsten Spiel unter Dunga die erste Niederlage. Doch das war nicht der Grund dafür, dass Diego, der mit vollem Namen Diego Ribas da Cunha heißt, bedrückt die Heimreise nach Bremen antrat.

Bereits vor dem Match in London hatte den 21-Jährigen eine schockierende Nachricht erreicht: Sein Vater Djair da Cunha war in seiner Heimatstadt Ribeirao Preto im Bezirk Sao Paulo festgenommen worden. Dem 52-jährigen Unternehmer, der zugleich als Diegos Berater fungiert und maßgeblich am Wechsel nach Bremen beteiligt war, wird ein Mordversuch angelastet. Er soll im Stadtteil Jardin Paulista aus Eifersucht den auf einem Motorrad fahrenden Fitnesstrainer und Liebhaber seiner Frau Cecilia, Romilson Ribeiro, vorsätzlich mit seinem Auto gerammt haben. Zwei Versuche – einen davon im Rückwärtsgang – unternahm der aufgebrachte Djair Cunha, ehe sich der verletzte Romilson Ribeiro an ein Taxi klammerte und ins Krankenhaus gebracht wurde.

Der Anwalt von Diegos Vater spricht von einem herkömmlichen Verkehrsunfall, Polizei und Zeugen von Vorsatz. Überdies wird von einem Vorfall am 30. November vergangenen Jahres berichtet, den Nebenbuhler zusammenzuschlagen. Der zuständige Kommissar bestätigte, dass das Opfer seit etwa fünf Jahren ein Verhältnis mit Diegos Mutter habe.

Werder-Trainer Thomas Schaaf ließ am gestrigen Nachmittag das Training ausfallen – wohl auch, um Diego den Medienrummel zu ersparen. Sollte der Spielmacher den Wunsch äußern, in seine Heimat zurückzufliegen und dadurch das Spitzenspiel am Samstag beim VfB Stuttgart versäumen, Schaaf würde nicht widersprechen. Doch Diego will erst einmal zu Hause in Bremen bleiben, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Aus einem Gespräch mit meinem Vater weiß ich, dass die Angelegenheit bei seinen Anwälten in guten Händen ist. Es ist ein Problem der Familie weit weg in Brasilien. Ich bin sicher, dass mich das nicht negativ beeinflussen wird“, sagt Diego. Das glaubt auch der Spanisch und Portugiesisch sprechende Klubchef Jürgen L. Born, der traditionell ein gutes Verhältnis zu den Bremer Brasilianern hat: „Diego wirft so leicht nichts um, das merkt man schon bei den vielen Fouls. Er hat sich schon in seiner Kindheit früh gegen Widerstände durchboxen müssen.“

Wohl wahr: Mit elf Jahren verließ Diego das Elternhaus, um beim FC Santos Fuß zu fassen. „Das war der schwierigste Moment meines Lebens. Zum Glück hatte ich den Fußball“, sagt Diego. Heute wohnt er in einem schlicht eingerichteten Haus im Bremer Stadtteil Schwachhausen. Ein Billardtisch, ein Plasmafernseher – das ist es fast an Luxus. Ansonsten fallen die Erinnerungsfotos aus der Heimat auf – und das brasilianische Nationaltrikot an der Wand. „Manchmal habe ich Sehnsucht nach Brasilien, nach meinen Wurzeln. Ich vermisse meine Familie sehr“, hatte Diego zum Jahreswechsel verraten. Damit er sich an der Weser wohlfühlt, tut der Klub einiges: Haushälterin Janaina, sein Dolmetscher Roland Martinez-Vazquez und Nachbar (und Zimmerkollege im Trainingslager) Naldo kümmern sich um ihn. Mit seiner Freundin Bruna Leticia führt Diego eine Fernbeziehung. Die angehende Physiotherapeutin lebt noch in Brasilien – und muss vorerst weiter auf ein Wiedersehen warten.

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