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Sport: Verärgert über die Baustellen

Deutschlands Volleyballer verlieren auch das zweite Spiel in der Weltliga gegen Brasilien – diesmal mit 0:3

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Marco Liefke staunte bloß noch. „Mit welcher Geschwindigkeit die aus der Abwehr heraus den Punkt machen, das ist sagenhaft. So schnell konnten wir uns nach unseren Angriffen ja gar nicht sortieren“, sagte der 2,07 Meter große Angreifer vom SC Charlottenburg. Das hohe Tempo hatte die brasilianische Volleyball-Nationalmannschaft in der Berliner Max-Schmeling-Halle vorgelegt – und damit die Reihen des Gegners mitunter gehörig in Unordnung gebracht. 3:0 (25:21, 25:19, 25:20) gewannen die Südamerikaner das zweite Weltligaspiel innerhalb von 24 Stunden gegen Deutschland, und während die Gäste aus Südamerika tags zuvor beim 3:2 über die drei Pflichtsätze hinaus noch unerwartete Mehrarbeit leisten mussten, gelang ihnen der zweite Erfolg mit jener spielerischen Leichtigkeit, die eines Weltmeisters halt würdig ist.

Selbst als die deutsche Mannschaft im ersten Satz 18:16 führte und dann bis zum 21:21 den Ausgang offen hielt, oder als sie im dritten Satz schnell auf 9:4 davonzog, blieben die Brasilianer unbeeindruckt. Bei ihren variantenreichen, blitzschnell vorgetragenen Angriffsaktionen fand sich immer wieder eine Lücke im Feld der Deutschen, in der prompt auch der Ball auf den Boden knallte.

Die Chancenlosigkeit gegen diese Volleyball-Perfektionisten schlug den Deutschen so sehr aufs Gemüt, dass auch „unsere Eigenfehlerquote zu hoch lag“, wie der von Friedrichshafen nach Italien wechselnde Björn Andrae feststellte. Auffällig waren besonders die Abstimmungsprobleme bei der Annahme. „Wir halten das Spiel pari-pari, und dann tut sich bei uns plötzlich immer wieder irgendeine Baustelle auf“, schimpfte Bundestrainer Stelian Moculescu. Björn Andrae wünscht sich mehr blindes Verständnis untereinander. „Die Brasilianer sehen den Ball kommen, und bei denen denken alle Spieler sofort das Gleiche. Bei uns gibt es da immer noch verschiedene Vorstellungen, wie man den Ball abwehrt“, sagt er. Auch Zuspieler Frank Dehne zollte dem Kontrahenten höchstes Lob. „Die Brasilianer hatten so eine Sicherheit, die haben Bälle rausgeholt, da kann man nur den Hut ziehen.“

Bundestrainer Stelian Mosculescu hatte Mitte des zweiten Satzes, als die Leistung der Deutschen stark abfiel, als vermeintliche Rettungsmaßnahme die Zuspieler getauscht. Frank Dehne musste weichen, seinen Part übernahm Ilja Wiederschein. Dehnes Zuspiel war dem Bundestrainer zu durchschaubar geworden. „Er hat im ersten Satz sehr gut gespielt – bis zum 20:20. Dann hat er nur noch hohe Bälle auf Marco Liefke gespielt. Das geht mal einen Tag lang gut, aber dann nicht mehr. Ich habe gewechselt, weil sich seine Methode irgendwie totgefahren hatte“, begründete Moculescu den Tausch.

Eine Debatte darüber, wer der beste Zuspieler Deutschlands ist, wird sich daraus indes nicht entwickeln. „Wiederschein spielt präziser und schneller zu, Dehne ist dagegen der kreativere Typ. Die zwei ergänzen sich gut. Der Gegner hat es immer schwer, sich auf den einen oder anderen einzustellen“, sagt Moculescu.

Die Deutschen haben nun zweimal in Berlin gegen Brasilien gespielt und beide Male verloren. Das ist der Normalfall. Also besteht bei Moculescu auch kein Grund zu besonderer Aufregung. Für ihn hat das Abschneiden bei der kommenden Europameisterschaft im eigenen Land (5. bis 14. September) ohnehin Vorrang. Und im Hinblick auf die EM kann er noch ganz ruhig schlafen. Moculescu sagt: „Bei der EM wird es keine europäische Mannschaft geben, die mit der Geschwindigkeit der Brasilianer spielt.“

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