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Sport: Verband will gegen Hetze vorgehen Nach antisemitischen Pöbeleien beim Fußball

Berlin - Der Berliner Fußball-Verband (BFV) zieht Konsequenzen aus den antisemitischen Ausschreitungen bei einem Kreisligaspiel am 26. September.

Berlin - Der Berliner Fußball-Verband (BFV) zieht Konsequenzen aus den antisemitischen Ausschreitungen bei einem Kreisligaspiel am 26. September. Spieler des jüdischen Teams TuS Makkabi II waren bei der VSG Altglienicke II von Zuschauern beschimpft, beleidigt und bedroht worden. Nun erarbeitet der BFV bis Ende Oktober Handlungsanweisungen für Schiedsrichter und Vereine, um solche Vorfälle künftig zu verhindern.

Der Fall ist Chefsache: Am 2. Oktober hat BFV-Präsident Bernd Schultz DFB-Präsident Theo Zwanziger über den Vorfall informiert, gestern Abend zog Schultz die anstehende Sportgerichtsverhandlung vom 13. auf den 10. Oktober vor. Er wird selbst an der Sitzung teilnehmen. „Falls Nachlässigkeiten von Schiedsrichter oder Verein festzustellen sind werden wir – auch in Zukunft – hart durchgreifen“, sagt Schultz. Der Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung und Beleidigung gegen Unbekannt.

Makkabi-Spielmacher Vernen Liebermann zufolge haben rund zehn Zuschauer bereits vor Spielbeginn antisemitische Lieder gegrölt. Bei Anpfiff hätten sich die Störer direkt neben der Bank der Gastgeber postiert und dort weiter gepöbelt. „Ich hatte den Eindruck, Spieler und Störer kannten sich“, sagt Liebermann. Dies widerspricht dem Spielbericht der VSG Altglienicke. Dort erwähnt Trainerin Kerstin Forchert nur „eine Äußerung eines uns unbekannten Zuschauers“, die sie selbst nicht gehört habe. Ihr Verein distanziere sich aber von Hassparolen, sollte es solche gegeben haben.

TuS Makkabi wirft Schiedsrichter Klaus Brüning vor, nicht auf die Beschimpfungen reagiert zu haben. Man habe ihn bereits vor dem Spiel gebeten, die Zuschauer im Auge zu behalten. Der Schiedsrichter sagt, dass er die Beschimpfungen nicht wahrgenommen habe.

Das Spiel wurde abgebrochen, als die Mannschaft von TuS Makkabi in der 78. Minute beim Stand von 1:4 vom Feld ging. Die Spieler wollten sich nicht länger beleidigen lassen und fühlten sich von den Zuschauern bedroht. Ein Spielabbruch zieht automatisch eine Sportgerichtsverhandlung und Berichte beider Mannschaften sowie des Schiedsrichters nach sich.

Diese Berichte liegen dem BFV inzwischen vor, Verbandspräsident Schultz bezeichnet die Aussagen als „nicht unbedingt deckungsgleich“. Gestern besprach er die Vorfälle mit Verantwortlichen von TuS Makkabi – auch um „Missverständnisse“ auszuräumen. Der Vorsitzende von TuS Makkabi, Tuvia Schlesinger, hatte nach dem Spiel von einer „pogromartigen Stimmung“ gesprochen und dem Verband Passivität vorgeworfen. Schultz sagt, er habe zunächst die Berichte abwarten und beide Seiten hören wollen. Nach dem zweistündigen Gespräch kündigte Schlesinger an, dem Verband künftig „jede Kleinigkeit“ zu melden: „Mit diesem Ereignis ist ein Punkt erreicht, an dem einfach Schluss sein muss!“

Auch die Fußballabteilung der VSG Altglienicke wollte sich gestern Abend in einer Sitzung mit den Vorfällen beschäftigen. Auf der Homepage des Vereins hatten sich kurz nach dem Spiel einige Vereinsmitglieder beim TuS Makkabi entschuldigt und die Pöbeleien bedauert. Diese Eintragungen im Forum der Homepage sind inzwischen gelöscht.

Untätig war der Verein nicht. „Wir haben zwei Personen ermittelt, die dabei gewesen sein sollen“, sagt der Altglienicker Jugendkoordinator Sven Klebe, „gegen diese Leute haben wir ein Stadionverbot verhängt.“ Bis zur Verhandlung will sich der Verein aber nicht mehr äußern.

Laut Spielern des TuS Makkabi hat die Altglienicker Mannschaft versucht, die Lage zu beruhigen und sie zum Weiterspielen zu überreden: „Das ist hier jede Woche so, macht euch nichts draus“, sei gesagt worden. Türkische Mannschaften würden demnach ähnlich behandelt.

Makkabi-Spieler Vernen Liebermann sieht einer Sperre entgegen. Der 23-Jährige berichtet, er habe vor dem Spielabbruch zu Schiedsrichter Brüning gesagt: „Wenn Sie einen Funken Anstand haben für die Geschichte in diesem Land, dann müssen Sie uns jetzt helfen.“ Daraufhin habe ihm Brüning Gelb-Rot gezeigt.

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